© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/18 / 02. März 2018

Frisch gepresst

Deutsch-Litauisches. Ende des 19. Jahrhunderts waren sich Königsberger Sprachwissenschaftler und Historiker sicher, daß die an der Memel gesprochene litauische Sprache bald „spurlos verschwunden“ sein werde, weil das „vollständige Aufgehen“ der dort lebenden „Reste des litauischen Volkes im Deutschtum nur noch eine Frage der Zeit ist“. Eine Entwicklung, der sich ausgerechnet Königsberger Akademiker und deutsche Bildungsbürger in Tilsit und Memel entgegenstemmten, die 1879 die Litauische literarische Gesellschaft gegründet hatten, um zu verhindern, daß „ein ganzes Volk“ mit seiner Sprache und Kultur „spurlos zu Grunde gehe“. Anstrengungen, in denen sich für Matthias Dornfeldt und Enrico Seewald, die eine ausgezeichnete, sich leider mitunter faktenselig in diplomatische Details verstrickende Geschichte der deutsch-litauischen Beziehungen geschrieben haben, das konfliktfreie Verhältnis ausdrückte, das der Kulturstaat Preußen zur litauischen Minderheit pflegte. Und das sich von der „Unterdrückung der litauischen Kultur im Zarenreich“ wohltuend abhob. Gedankt hat es die seit 1918 souveräne Republik Litauen Preußen-Deutschland nicht. Während der Versailler Friedensverhandlungen reklamierte Kowno das mehrheitlich deutsche Memelgebiet für sich, 1923 erfolgte die gewaltsame Annexion. Warum die Verfasser die im März 1939 vollzogene Rückgabe des Memellandes an das Deutsche Reich unter „Aggressionen“ der NS-Außenpolitik zählen, muß in diesem Kontext daher nicht einleuchten. (ob)

Matthias Dornfeldt, Enrico Seewald: Hundert Jahre deutsch-litauische Beziehungen. Husum Verlag, Husum 2017, broschiert, 256 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro





Thorwald. Als der Journalist Heinz Bongartz 1948 in der Zeitung Christ & Welt seine Reportage über die deutschen Flüchtlingsschiffe in den letzten Kriegsmonaten veröffentlichte, weckte dies sofort den Argwohn der alliierten Presse-Kontrolleure. Unter dem Pseudonym Jürgen Thorwald, auf das Bongartz danach auswich, wurde dann 1950 „Die große Flucht“ veröffentlicht. Dieses Buch, in dem der Autor viele Erlebnisberichte, Dokumente und Tagebuchauszüge über die Tragödie im deutschen Osten literarisch verdichtete, wurde ein gigantischer Publikumserfolg mit über fünfzig Ausgaben, fast drei Generationen danach nun auch auf dem italienischen Buchmarkt. (bä)

Jürgen Thorwald: La grande Fuga. Il massacro dei tedechi orientali. Oaks editrice, Mailand 2017, broschiert, 731 Seiten, Abbildungen, 23,80 Euro