© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

AfD startet Nachrichten-Offensive
Die Partei fühlt sich von vielen Medien diffamiert / Ihre Bundestagsfraktion plant eigenen „Newsroom“
Hans-Hermann Gockel

Die AfD-Bundestagsfraktion geht medial in die Offensive. Neben der klassischen Pressestelle gibt es ab April einen „Newsroom“, in dem rund um die Uhr streng nach journalistischen Kriterien gearbeitet werden soll. Dazu kommt ein eigenes TV-Studio in den Räumen der Fraktion. Insgesamt will die AfD 20 zusätzliche Mitarbeiter für den Bereich Kommunikation einstellen. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel spricht von einer „innovativen Zeitenwende“ und macht keinen Hehl daraus, warum sich die Partei zu diesem Schritt genötigt sieht: „Solange wir von vielen Medien ignoriert oder mit Fake News gezielt schlechtgemacht werden, kann es nur diesen Weg geben.“ Dreh- und Angelpunkt der PR-Offensive ist ein Recherche-Team. „Das wird speziell die Themen ausfindig machen, die von Politik und Medien gerne unter den Teppich gekehrt werden“, erklärte Weidel. Man werde diese Themen journalistisch sauber aufarbeiten und sie dann der Öffentlichkeit präsentieren – vor allem über die sozialen Medien.

Themen aufarbeiten, die vernachlässigt werden

Daß der politische Gegner schäumt und von der Gründung einer „Abteilung für Agitation und Propaganda“ (Linkspartei) spricht, kann der AfD-Fraktion herzlich egal sein. Sie landet einen Coup, der durch das Abgeordnetengesetz voll und ganz gedeckt ist. Alle Fraktionen haben das Recht, die Öffentlichkeit umfassend über ihre Tätigkeiten zu unterrichten. In welcher Form und mit welchem personellen Aufwand das geschieht, interessiert den Gesetzgeber nicht. Die einzige Bedingung: Sämtliche Geld- und Sachleistungen, die einer Fraktion zustehen, dürfen auch nur für die Arbeit der Fraktion verwendet werden. 

Der Vorwurf der AfD, in den Medien schlecht behandelt oder gar diffamiert zu werden, ist durchaus begründet. Als jüngstes Beispiel gilt die Affäre um den ZDF-Moderator Oliver Welke, der sich in seiner „Heute-Show“ vom 2. Februar über den AfD-Sachverständigen Dieter Amann lustig gemacht hatte. Der 55jährige Amann hatte in einem Ausschuß für die AfD gesprochen und dabei gleich zu Beginn auf seinen Sprachfehler verwiesen: „Ich stottere.“ Das wolle er vorsichtshalber vorausschicken, damit sich niemand wundere.

In der „Heute-Show“ fehlte diese Einleitung. Stattdessen zeigte man, wie Amann vom Blatt ablas und Zweifel daran äußerte, daß Flüchtlinge ausreichend Deutsch sprechen, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dabei stotterte Amann, was Welke nachäffte und hämisch kommentierte: „Ja, ja – Sprache ist das Allerwichtigste.“ Welke will sich in seiner Sendung diesen Freitag dafür entschuldigen. Für Amann nur ein schwacher Trost: „Meine demütigende Darstellung als behinderte Lachnummer hat traumatische Kindheitserinnerungen wiedererweckt, die ich längst vergessen wähnte und mich zutiefst schmerzen.“

Peinlichkeiten wie die von Welke laufen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unter dem Deckmantel der „Satire“. Im Nachrichtengeschäft macht man sich kaum die Mühe, seine wahre Gesinnung zu verbergen. Was der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen, gleichzeitig Leiter der Hauptredaktion „Aktuelles“, als „Kommentar“ bezeichnet, ist für viele Zuschauer und Zwangsgebührenzahler nichts anderes als Hetze auf hohem Niveau.

Am Wahlabend des 24. September nannte Theveßen die AfD einen „Angriff auf die liberale Demokratie“ und unterstellte: „Für diese Demokratie ist die AfD eine ernste Gefahr, weil sie den Begriff Volkswille zur Waffe macht.“ Schließlich gipfelten seine Tiraden in der Behauptung, Vertreter der AfD bereiteten „mit verbaler Gewalt den Boden für physische Gewalt“.

Kollegen des ZDF berichten von einem „bedrückenden Arbeitsklima“ in der Redaktion. Niemand traue sich, bei Themenvorschlägen eine Position zugunsten der AfD einzunehmen. Jeder befürchte, dadurch bei Elmar Theveßen in Ungnade zu fallen. Der Grund: Theveßen belege die Partei generell mit Begriffen wie „undemokratisch“, „völkisch“, „rassistisch“, „antisemitisch“, „menschenverachtend“ oder „verfassungsfeindlich“. 

Die beschränkte Sichtweise des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs reicht offenbar bis ins „Aktuelle Sportstudio.“ Zuletzt konnte dort Peter Fischer, der Präsident von Eintracht Frankfurt („Es verträgt sich nicht mit unserer Satzung, AfD zu wählen“), gefühlte 20 Minuten lang gegen die AfD polemisieren. Sportmoderator Sven Voss nahm Fischers AfD-Mitglieder-Mobbing devot zur Kenntnis.






Hans-Hermann Gockel ist freier Journalist und Buchautor. Er war 24 Jahre lang Nachrichtenmoderator bei Sat.1 und N24.