© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Wie die SPD das Vertragspapier dominiert
Die rote Koalition
Jürgen Presser

Die Akteure der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD loben selbstverständlich ihre eigenen Ergebnisse und weisen darauf hin, daß der Vertrag ihre jeweilige Handschrift trage. Doch wie sagte Christian Lindner beim Abbruch der Jamaika-Verhandlungen? „Besser nicht regieren, als schlecht regieren!“ Man könnte nach Lektüre des Vertrages in Abwandlung des Zitats nun schreiben: „Besser nicht regieren, als mit dieser SPD regieren!“ Denn etwa 70 Prozent des Inhalts stammen aus SPD-Feder, berechnete man mit Computern, berichtet die FAZ. So auch das Kapitel über die Steuern.

Von dem Versprechen, die Steuer zu verringern, ist lediglich ein unverbindlicher Ausstiegsbeginn aus dem Solidaritätszuschlag geblieben. Der Soli soll nach dem Ende der aktuellen Legislaturperiode schrittweise abgeschafft werden. Klar schiebt man die Steuersenkungen auf, denn die erwarteten Haushaltsüberschüsse werden für „soziale Wohltaten“ gebraucht. Das Steueraufkommen des Soli in der nächsten Legislaturperiode beträgt circa 68 Milliarden Euro, entlastet werden die Bürger dagegen um 10 Milliarden Euro. Hauptsächlich zugunsten der Einkommen bis 60.000 Euro, 90 Prozent der Steuerzahler also.

Damit wird zwar implizit an Neidgefühle gegenüber Besserverdienenden appelliert, aber gerne ausgeblendet, daß diese den Löwenanteil des Soli zahlen. Daß Unternehmen, die Gewinne nicht nur ausschütten, sondern sie zur Eigenfinanzierung und zur Bildung von Eigenkapital nutzen, benachteiligt werden, wird ausgeblendet. Hier hat der Bundesfinanzhof oder das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort.

Die Abschaffung der Abgeltungssteuer ist nichts anderes als eine schlecht verdeckte Steuererhöhung. Denn die Gewinne sollen künftig mit dem Einkommenssteuersatz abgegolten werden. Kolportiert wird, weil es nicht anders formuliert ist, das solle nur für Zins­erträge gelten, aber auch ob das letztendlich rechtlichen Bestand haben wird, ist völlig offen.

Zudem würden dadurch diejenigen Sparer, die durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank unter ihrem Präsidenten Mario Draghi bereits teilenteignet werden, weiter belastet.

Auch Facharbeiter aus dem Metallbereich, die über vier Prozent Lohn­erhöhung ausverhandelt haben, werden sich wundern, was davon übrigbleibt. Denn an den „Mittelstandsbauch“ – diesen leistungsfeindlichen Tarifverlauf – traute man sich nicht heran.

Fazit: Das Steuerkapitel der Koalitionsvereinbarung ist mit roter Tinte geschrieben und trägt nicht dazu bei, die Akzeptanz des Koalitionsvertrages zu erhöhen. Egal, ob mit oder ohne Martin Schulz!






Jürgen Presser ist Ehrenmitglied und ehemaliger Vize der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT).