© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Ländersache: Baden-Württemberg
Schwarze Grabenkämpfe
Christian Schreiber

Als hätte CDU-Vize Thomas Strobl als „GroKo-Unterhändler“ in Berlin noch nicht genug zu tun, brennt es auch noch an der Heimatfront. Der Landesvorsitzende im Ländle eilte in der vergangenen Woche nach Stuttgart, um dort die Wogen zu glätten. Denn die CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg befindet sich mal wieder im Krisenmodus. 

Strobl ist zugleich Innenminister in seinem Bundesland und als solcher nicht Mitglied der Fraktion. Und diese ist in diesen Tagen ziemlich störrisch. Es geht um eine Reform des Wahlrechts. Landeschef Strobl und die Mehrheit seines Vorstands ist dafür, die Fraktion mehrheitlich dagegen. Im Frühjahr 2016 haben Grüne und CDU in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben: „Damit der Landtag die baden-württembergische Gesellschaft künftig in ihrer ganzen Breite besser abbildet, werden wir ein Personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste einführen.“ 

Die Fraktion stimmte nun dagegen und verärgert damit die Grünen, die auf der Umsetzung der Absprache bestehen Die CDU selbst ist gespalten. Inge Gräßle, Vorsitzende der Frauen-Union Baden-Württemberg, hat die CDU-Fraktion im SWR-Interview scharf kritisiert: „Wir haben einen Vertrag mit den Grünen vereinbart – warum sollte die CDU jetzt nicht mehr zu diesem Vertrag stehen?“ Die Fraktion habe vor allem gegen die eigene Landespartei gestimmt: „Diese Koalitionskrise, die wir nicht haben, ist so überflüssig wie ein Kropf.“ Fast zwei Jahre lang regierte Grün-Schwarz unter Führung des Realos Winfried Kretschmann ruhig vor sich hin, doch alles ist anders, seitdem die CDU-Fraktion ausscherte. 

Fraktionschef Wolfgang Reinhart verteidigte das Votum seiner Fraktion und reagierte auch auf die Kritik der Frauen-Union. Das derzeitige Landtagswahlrecht gewährleiste einen starken Bezug zu den Menschen im Wahlkreis. Das solle man nicht durch etwas ersetzen, von dem man nicht überzeugt sei, so Reinhart am Mittwoch im Landtag. Auch seine Fraktion wolle mehr Frauen im Landtag – aber mit anderen Mitteln als mit dem Wahlrecht. 

Die Grünen zeigten sich genervt von dem Thema und legten Wert auf die Feststellung, daß die Stimmung innerhalb der Koalition gut sei. „Wir regieren das Land gut gemeinsam“, sagte der Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz. Er wies damit Vorwürfe der SPD zurück, die Regierung sei wegen des Streits um das Wahlrecht nicht mehr handlungsfähig. Unterschiedliche Meinungen seien natürlich, betonte Schwarz. „Das halten wir aus.“ Die Grünen ließen sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.

 Dazu besteht aus ihrer Sicht auch gar keine Veranlassung. Die Umfragewerte sind top, ihr Ministerpräsident samt seiner Kabinettsmitglieder genießt hohe Sympathiewerte. Dennoch: „Die Regierungskoalition in Stuttgart steckt in einer tiefen Krise, doch der Graben verläuft nicht zwischen Grün und Schwarz, sondern mitten durch die CDU“, schrieb die Süddeutsche Zeitung und stellte fest: Der Kampf wurde mit aller Erbitterung geführt. Die Reform stoße auf Widerstand der Basis, sagte Reinhart und stellte unmißverständlich klar: „Ich erwarte, daß der Landesvorstand das mitträgt.“