© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Politische Korrektheit
Neuer Universalismus
Thorsten Hinz

Über die Politische Korrektheit lacht heute niemand mehr. Sie wirkt weltweit und dringt fordernd in immer mehr Lebensbereiche vor. Nachdem sie den Pippi-Langstrumpf-Lesern den Negerkönig und dem Fleischessern das Zigeunerschnitzel genommen, läßt sie jetzt aus der Ausstellung einer Kunstgalerie in Manchester ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert entfernen; die Frauen darauf sind zu nackt. Den Kanadiern verordnet sie eine genderneutrale Hymne; einer US-Baseballmannschaft nimmt sie das Indianer-Logo und der Formel 1 treibt sie die leicht beschürzten „Grid-Girls“ aus. Ob die Mädels es tatsächlich als Zugewinn an Menschenwürde empfinden, wenn Männer sie künftig auf ihre inneren Werte reduzieren? 

Die Wortführer der Korrektheit berufen sich in ihrem Kampf gegen ständig neue „Ungerechtigkeiten“ und „Diskriminierungen“ auf den ethischen Universalismus, der an die Stelle der Großideologien des 20. Jahrhunderts getreten ist und die spirituelle Leerstelle füllt, die der Neoliberalismus eröffnet. Längst hat er sich zu einem totalitären Phantasma entwickelt, das eine infantilisierte Massengesellschaft überwölbt.

Diese fühlt sich von kulturellen Ungleichzeitigkeiten, von geschichtlichen Brüchen und Konflikten überfordert. Die Politische Korrektheit verspricht ihr Erlösung in einer ewigen, keim- und konfliktfreien Gegenwart. Deswegen hat sie Erfolg.