© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/18 / 02. Februar 2018

Aufgeschnappt
Kampf um die Zitadelle
Matthias Bäkermann

Die Wunde ist bald hundert Jahre alt: Seit am 1. Oktober 1920 mit dem Groß-Berlin-Gesetz das westlich gelegene Spandau praktisch von Berlin eingemeindet wurde, kränkelt das lokale Ego am Zusammenfluß von Spree und Havel. Stolz verweist man regelmäßig darauf, älter zu sein, und nie würde ein waschechter Spandauer von sich behaupten, in Berlin zu wohnen. 

Nun ist der Streit erneut aufgekocht, da etwas geschichtsvergessene Werbefuzzies sogar die historische Wurzel des Bezirks, die Zitadelle, für touristische Zwecke als „Zitadelle Berlin“ vermarkten wollten und das neue Logo auf Kuverts und Austellungswerbung bereits offiziell in Umlauf brachten. Sofort heulten parteiübergreifend Bezirkspolitiker auf, auch der Spandauer CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner schaltete sich ein. Sogar schwerste historische Geschütze wurden in Stellung gebracht: Unterstützt vom Berliner Historiker Felix Escher mahnte Spandaus Chef-Heimatkundler Karl-Heinz Bannasch, daß der Begriff aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs für den Bereich um Hitlers Führerbunker stamme und damit NS-kontaminiert sei. 

Am 30. Januar hatte nun der Spandauer Abwehrkampf Erfolg: Der Bezirksstadtrat gab bekannt, daß ihre Zitadelle ab sofort wieder ohne den Zusatz Berlin auftaucht.