© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/18 / 19. Januar 2018

Carolin Matthie. Die Studentin gibt sich mit einer Armlänge Abstand nicht zufrieden
Die Hand am Holster
Ronald Berthold

In ihrem Zimmer im Berliner Studentenwohnheim hängen Kalender mit Autos und Katzen. Doch auf einem Poster steht: „Lebe, liebe, lache! Und wenn das nicht geht: Lade, ziele, schieße!“ Carolin Matthie sorgt für Aufsehen, weil sie fordert, die Deutschen sollten sich wegen der verschärften Sicherheitssituation bewaffnen dürfen: „Ich träume von einem Deutschland, in dem ich eine Waffe in der Öffentlichkeit mitführen kann, um mich damit im Notfall zu verteidigen.“

Die 24jährige besitzt inzwischen eine Walther P99 – „schön geschwungen, handlich“, wie sie schwärmt. Nachdem die junge Frau vor anderthalb Jahren auf dem Weg nach Hause von sechs Männern verfolgt wurde, hatte sie beschlossen, sich den Kleinen Waffenschein und die Schreckschußwaffe zuzulegen. Damals hatten die Verfolger ihr „in einer fremden Sprache“ aggressiv hinterhergerufen. Carolin flüchtete. Ihre Rettung war das Auto eines Sicherheitsunternehmens, das auf dem Campus Streife fuhr.

Zwar kommt sie aus einer Familie, in der man an Waffen gewöhnt ist, der Großvater war Förster, der Vater Soldat, dennoch hat das Erlebnis ihre Einstellung verändert. Sie lobt die Polizei, jedoch könne man sich auf sie alleine nicht verlassen: „Die kann nicht zaubern. Und kommt sie am Tatort an, ist es oft schon zu spät.“ Nun will sie eine scharfe Waffe. Dafür ist sie in einen Schützenverein eingetreten.

Derzeit studiert die gebürtige Thüringerin an der Berliner Humboldt-Universität Informatik und Physik. Allerdings hat die „Influencerin“, wie sie sich etwa ob ihrer Youtube-Clips auch nennt, als „Selfpublisher“ bei Amazon schon ein Kinderbuch und einen Fantasyroman veröffentlicht. Im Herbst vesuchte sie ihr Glück beim Casting zu „Germany’s next Topmodel“ – eine Runde kam sie weiter. Ihre Netzseite schmücken etliche ihrer Modelbilder. 

Durch die Asylkrise hat sich Carolin Matthies gesellschaftliches Engagement verstärkt. Als es die CDU-Stadträtin von Berlin-Tempelhof, Jutta Kaddatz, wegen deren vermeintlicher Aggressivität ablehnte, Obdachlose während des Winters im alten Berliner Flughafen unterzubringen, schrieb Matthie ihr einen Brief, in dem sie der Politikerin vorwarf, „mit zweierlei Maß“ zu messen. Schließlich seien dort auch Asylbewerber einquartiert worden: „Bedenken hinsichtlich der Sicherheit oder Konflikte mit Nachbarn waren für Sie da anscheinend kein Thema, und auch ein Konfliktpotential scheinen Sie bisher nicht zu erkennen.“

Die engagierte Frau meidet die gegenderte Sprache. Sie arbeite neben dem Studium „als Werkstudent“ bei einem Software-Hersteller. Sie sagt nicht „Studentin“ und schon gar nicht „Studierende“. Die größte Aufmerksamkeit erzielt sie aber mit ihrem Einsatz für ein liberaleres Waffengesetz. Den Medien gilt sie daher inzwischen als „Postergirl der deutschen Waffenlobby“.