© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/18 / 12. Januar 2018

Wann wir streiten Seit’ an Seit’
Oskar Lafontaine: Mit seiner Idee einer neuen linken Volkspartei sorgt der Saarländer für Irritationen in den eigenen Reihen / Die SPD reagiert kühl
Christian Schreiber

Ein Gerücht geht um in der Linken: die „Liste Sahra Wagenknecht“. Ihr Gatte Oskar Lafontaine hatte es um den Jahreswechsel herum kräftig angeheizt. „Wir brauchen eine linke Sammlungsbewegung, eine Art linke Volkspartei, in der sich Linke, Teile der Grünen und der SPD zusammentun“, erklärte er dem Spiegel. Die SPD sei mutlos, die Linkspartei zu schwach. Sein Austritt aus der SPD sei womöglich sogar ein Fehler gewesen. „Wir brauchen eine Neuordnung“, forderte Lafontaine. Nur so könne es wieder eine linke Machtoption geben. Das Potential für eine linke Mehrheit sei einfach nicht abgerufen worden. „Ich denke an Corbyn in Großbritannien – eine glaubwürdige Person und ein Programm für die Mehrheit. Oder Podemos und La France insoumise in Spanien und Frankreich, eine aus der Gesellschaft heraus entstehende Sammlungsbewegung all derjenigen, die mehr soziale Gerechtigkeit wollen und für eine friedliche Außenpolitik eintreten. Die politische Linke verliert mehr und mehr an Einfluß“, meinte der Saarländer. Die Reaktion aus der SPD fiel bescheiden aus. Lafontaine sei „politisch ziemlich retro“, sagte Parteivize Ralf Stegner, „und als ‘Friedensengel’ und Ratgeber für die politische Linke in Deutschland eher eine Fehlbesetzung“.

Wie gereizt dagegen die Stimmung innerhalb der Linkspartei ist, zeigt die wüste Debatte über den „Jahresauftakt“ der Fraktion, der am Sonntag in Berlin stattfindet. Organisiert vom Lafontaine-Vertrauten Diether Dehm soll dort neben Wagenknecht und ihrem Mann auch der französische Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon auftreten. Die amtierende Parteiführung oder ehemalige Wortführer wie Gregor Gysi seien dagegen nicht als Redner vorgesehen. Dehm nannte es eine „böswillige Erfindung“, er wolle damit eine neue „linke Sammlungsbewegung“ vorantreiben. Hintergrund ist der Streit um die Ausrichtungen der Linken (JF 41/17). Kritiker werfen Wagenknecht in Fragen der Migrationspolitik eine zu große inhaltliche Nähe zu „Rechtspopulisten“ vor. Die Fraktionsvorsitzende schrieb daraufhin ihrer Partei ins Stammbuch: „Wenn jeder, der die Position ‘offene Grenzen für alle Menschen jetzt sofort’ nicht teilt, sofort unter Generalverdacht gestellt wird, ein Rassist und halber Nazi zu sein, ist eine sachliche Diskussion über eine vernünftige strategische Ausrichtung nicht mehr führbar.“ Ihre Gegner sehen darin eine unverhohlene Drohung.