© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/18 / 05. Januar 2018

Was würde der Reformationstag als zusätzlicher Feiertag kosten?
Gerechtigkeit zahlt sich aus
Dirk Meyer

Der Reformationstag war 2017 bundesweit einmalig ein gesetzlicher Feiertag. Neben dem neu geweckten Bewußtsein für das Erbe Luthers entdeckten die Nordländer eine Feiertagsungerechtigkeit: Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Berlin kommen nur auf neun Feiertage, während Baden-Württemberg, das Saarland und Brandenburg zwölf und ein Großteil Bayerns 13 Feiertage genießen dürfen. Nimmt man Augsburg mit dem Friedensfest dazu, so gibt es eine „Gerechtigkeitslücke“ von bis zu fünf freien Arbeitstagen in Deutschland.

Während die SPD mit der geringen Feiertagszahl argumentiert, unterstützt die CDU landeskirchliche Forderungen. Als gesetzlichen Feiertag gab es den Reformationstag bis 1967 auf dem Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. 1990 wieder reaktiviert, kam auch Sachsen-Anhalt hinzu. In Niedersachsen wurde 2017 die Einführung eines weiteren gesetzlichen Feiertages im rot-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbart, in Hamburg stimmte der Verfassungsausschuß zu. „In ökumenischer Offenheit und unter Beteiligung anderer Religionen gedacht“ (Brief der Evangelischen Kirche an Spitzenpolitiker) stößt der Reformationstag durchaus auf politisch positive Resonanz.

Beruf kommt von Berufung, Arbeit ist Dienst an Gott: Im Lutherischen Sinne könnte ein arbeitsfreier Feiertag auf Nachdenklichkeiten stoßen, denn „Gott will keine faulen Müßiggänger haben, sondern man soll treulich und fleißig arbeiten, ein jeglicher nach seinem Beruf und Amt, so will er den Segen und das Gedeihen dazu geben“ (Martin Luther).

Von daher ist es nur gerechtfertigt, die Wohlstandsverluste eines arbeitsfreien Reformationstages gegenüberzustellen. Rein rechnerisch resultiert bei jährlich 250 Arbeitstagen ein Rückgang von 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In einer Studie auf der Grundlage von Daten der Bundesbank läßt sich ein Rückgang von nur 0,12 Prozent errechnen. So kommt es bei unabwendbarer Bedarfsdeckung und kontinuierlicher Produktion sowie bei Aufgaben mit vorgegebenem Arbeitsanfall (Notfalldienste, Infrastruktur/Versorgung/Entsorgung, Verwaltung, Medien) zur Vor- und Nacharbeit sowie zu Schichtdiensten.

Das Gast- und Hotelgewerbe lebt sogar von der Freizeit. Überstunden und Mehrarbeit finden bei Selbständigen sowie bei Terminarbeiten statt. Schließlich steigen die Do-it-yourself-Umsätze in Baumärkten. Entsprechende Aufholeffekte reduzieren den rechnerischen Feiertagseffekt teils erheblich. Eine zeitliche Parallele mit den Schulferien führt zur vermehrten Inanspruchnahme von Brückentagen oder Kurzurlauben – die allerdings als Gegenposten im laufenden Jahr als Urlaubstage entfallen. Ein gesetzlicher Reformationstag wäre bezahlbar.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.