© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Der internationale Steuerwettbewerb tritt in eine neue Phase
Das große Nullsummenspiel
Thomas Kirchner

Steuern sind immer dann gerecht, wenn sie die anderen zahlen. So beurteilen viele Donald Trumps Steuerreform. Es gibt Gewinner und Verlierer: Von Tarifsenkungen profitieren in der Regel die am meisten, die auch die meisten Steuern zahlen. Schon Barack Obama wußte, wie antiquiert die Steuerregeln waren – doch erst Trump löst mit der ersten Reform seit 1986 ein Wahlversprechen ein.

Und ob Reiche wirklich zu den Gewinnern der Senkung des Spitzensteuersatzes von 39,5 auf 37 Prozent zählen, ist unklar. Sollten die Abzugsmöglichkeiten praktisch beschränkt werden, könnten auf Millionäre in New York, New Jersey und Kalifornien fünfstellige Mehrbelastungen zukommen. Über die Notwendigkeit einer Reform der Unternehmenssteuer herrscht parteiübergreifend Einigkeit. Sie folgt einem angebotsorientierten Ansatz, der einen Investitionsboom auslösen soll: Senkung der Gewinnsteuern des Bundes auf 21 Prozent (plus Satz der Einzelstaaten), also in etwa zwischen Schweizer und deutschen Sätzen, aber immer noch über Irlands 12,5 Prozent. Die Abwanderungswelle von US-Firmen nach Irland, Großbritannien oder in die Schweiz hat sich bereits in Erwartung der Steuerreform verlangsamt.

Mittelständische Personengesellschaften müssen nur noch 80 Prozent ihrer Gewinne versteuern. Die beschleunigte Abschreibung von Investitionen wird ebenfalls den Investitionsboom fördern. Dazu kommt, daß der Anteil von Investitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch immer unter dem Niveau von vor der Finanzkrise liegt. Es besteht also erheblicher Nachholbedarf.

Die gestiegene US-Nachfrage nach Investitionsgütern dürfte sich positiv auf den deutschen Maschinenbau auswirken. Und noch in einer weiteren Hinsicht könnte sich die US-Reform positiv auswirken: Steuersenkungen werden auch in Deutschland wieder salonfähig. Die innenpolitische Bereitschaft zu Umverteilungsphantasien dürfte sinken, der internationale Steuerwettbewerb wird in eine neue Phase eintreten. Denn nicht nur die USA senken Steuern: Australien und selbst das Niedrigsteuerland Hongkong reduzieren, was dem Fiskus zusteht.

Steuersenkungen ohne Maßnahmen auf der Ausgabenseite sind aber letztlich ein Nullsummenspiel, sofern nicht ein gestiegenes Wirtschaftswachstum die Etatdefizite begleicht. Donald Trump läßt immerhin erste Ansatzpunkte von Ausgabendisziplin erkennen. Bei der Beschaffung des neuen Präsidentenflugzeugs Air Force One konnten die Kosten um eine Milliarde gegenüber Obamas Bestellung sinken. Das Pentagon, als Schwarzes Loch des US-Haushalts verschrien, in dem – egal, wer regiert – schon mal ein paar Milliarden Dollar spurlos „verschwinden“ können, wird in diesem Haushaltsjahr erstmals von Rechnungsprüfern überwacht: ein weiterer Grund zur Hoffnung für die US-Steuerzahler.