© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/17-01/18 22. Dezember / 29. Dezember 2017

Lob für Orbán – Widerstand gegen Brüssel
Treffen von Rechtspolitikern in Prag: Das Visegrád-Modell als Alternative zur Europäischen Union
Dimitris Papageorgiou

Das vorweihnachtliche Prag gab eine malerische Kulisse für die Jahresversammlung der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) im Europäischen Parlament ab. Gastgeber und Organisator der diesjährigen Versammlung war die tschechische Partei Svoboda a prímá demokracie („Freiheit und direkte Demokratie“, SPD), die bei den Parlamentswahlen im Oktober mit 10,6 Prozent der Stimmen viertstärkste Kraft wurde. 

Ganz oben auf der Tagesordnung stand die Vorstellung eines Modells der Zusammenarbeit zwischen unabhängigen und souveränen europäischen Nationalstaaten, das sich, angelehnt an das Bündnis der Visegrád-Staaten, als Alternative und Gegenpol zu dem zunehmend zentralistischen EU-Superstaat versteht. 

Die FPÖ glänzte diesmal  durch Abwesenheit

Daß die Versammlung ausgerechnet an dem Wochenende stattfand, an dem die FPÖ sich nach dem erfolgreichen Abschluß der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP erneut eine Regierungsbeteiligung sicherte, war ein glücklicher Zufall – und zudem vielleicht auch ein gutes Omen, hatte jedoch zunächst zur Folge, daß die Freiheitlichen beim Prager Treffen unterrepräsentiert waren. Zu der anwesenden Prominenz zählten neben dem Vize-Vorsitzenden der Lega Nord, Lorenzo Fontana, auch Marcus Pretzell (ehemals AfD) und Janice Atkinson von der UK Independence Party (Ukip) sowie Abgeordnete des Vlaams Belang, der polnische Europaparlamentarier Michal Marusik und der Vorsitzende der im Juli  2016 gegründeten rechtskonservativen Partei Nea Dexia (Neue Rechte), Failos Kranidiotis (JF 30/16). 

Bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPD-Chef Tomio Okamura – der einzigen für die meisten Journalisten zugänglichen Veranstaltung des Kongresses – gratulierten Marine Le Pen und Geert Wilders ihrer „Schwesterpartei“ FPÖ zu ihrem Erfolg und sprachen von einem „historischen Ereignis“. Le Pen betonte, derartige Erfolge patriotischer Parteien seien eine gute Nachricht für alle Europäer, und äußerte die Hoffnung, daß damit der Weg für weitere Wahlsiege in anderen Ländern geebnet und die ENF als größte Fraktion aus den EU-Wahlen im Jahr 2019 hervorgehen werde. Zugleich übte die Französin heftige Kritik am französischen Wahlsystem. 

Wilders, der die Mitglieder der ENF-Fraktion als „Verteidiger Europas“ bezeichnete, fügte hinzu, seine Partei sei bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung in den Niederlanden auf undemokratische Weise übergangen worden. Als Konsequenz habe sie zwar keine echte politische Macht, dafür aber um so mehr Einfluß. Einwanderung und Islamisierung, so Wilders weiter, seien die größten Herausforderungen, mit denen Europa aktuell zu kämpfen habe.

Okamura wiederum forderte, die Tschechische Republik müsse mehr tun, um zu verhindern, daß die Probleme, die Westeuropa plagten, dort überhaupt erst entstünden – statt erst nach einer Lösung zu suchen, wenn es längst zu spät sei. In diesem Zusammenhang hob er die Vorteile des Visegrád-Modells hervor.

Der Islam, so der in Tokio geborene Unternehmer, sei nicht mit den abendländischen Werten vereinbar, und Brüssel habe kein Recht, ihn Nationen wie der seinen aufzuzwingen. 

Alle drei Redner lobten die Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán – dessen Partei Fidesz (Ungarischer Bürgerbund) freilich nicht der ENF, sondern der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört – als vorbildlich und forderten, die Zusammenarbeit zwischen souveränen Nationalstaaten auf neue Füße zu stellen. 

Im Anschluß an die Pressekonferenz fand eine öffentliche Veranstaltung vor etwa 2.000 Interessierten statt, denen es gelungen war, sich trotz der „antifaschistischen“ Demonstration vor dem Hoteleingang Zugang zum Tagungszentrum zu verschaffen. 

Als die Minibusse der Delegierten nach einer durch die etwa 50 Demonstranten bedingten Umleitung im Hotel eintrafen, wurden sie mit lautstarkem Jubel empfangen. In den folgenden zwei Stunden hatten die Anwesenden im Rahmen von Podiumsdiskussionen und den abschließenden Ansprachen von Le Pen, Wilders und Okamura Gelegenheit, die Entwicklung der EU zu analysieren. 

Genauso wie die zentraleuropäischen Staaten sich einst der Sowjetunion widersetzt hätten, müsse heute dem selbstmörderischen Kurs der Brüsseler Zentralregierung Widerstand entgegengesetzt werden, so das Resümee – einem Kurs, der sonst mit dem Tod der abendländischen Kultur enden werde, wie Wilders eindringlich warnte.