© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/17 / 15. Dezember 2017

Frisch gepresst

Sprachtabus. Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht – sondern gut gemeint. An diese Redewendung anknüpfend, analysieren die Münchner Wirtschaftspsychologin Sarah Diefenbach und der Medieninformatiker Daniel Ullrich die Pervertierung eines grundsätzlich berechtigten Ansatzes, dem auch beide zustimmen: die Vermeidung von Stigmatisierung und Festigung von Vorurteilen gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Gruppen. Der Hebel, um jedwede Form von Diskriminierung zu bannen – die Political Correctness (PC) – ist aus ihrer Sicht jedoch völlig ausgeufert. Besonders die Opfer-Täter-Dichotomie, „zentrales Instrument der PC-Ideologie“, hat keine Barrieren abgebaut, sondern trägt den Spaltpilz für die ganze Gesellschaft – in „Gutmenschen“ und „besorgte Bürger“ – in sich. In zehn Kapiteln beschreiben die Autoren analytisch und ohne Schaum vor dem Mund Ursprünge der PC, konkrete Beispiele, Verhalten der Leitmedien und die darauf erstarkten „Alternativmedien“. Auch PC-Mechanismen wie „Dirty Discussion Tactics“ werden eingehend erläutert. (bä)

Daniel Ullrich, Sarah Diefenbach: Es war doch gut gemeint. Wie Political Correctness unsere freiheitliche Gesellschaft zerstört. Riva Verlag, München 2017, gebunden, 288 Seiten, 19,99 Euro





Nürnberger Prozesse. Obwohl die Literatur zu den „Nürnberger Prozessen“, wie die Verfahren vor dem Internationalen Militärtribunal und den US-Militärgerichten schlagwortartig genannt werden, mittlerweile „unüberschaubar“ sei, wie Rainer Thesen eingangs vermerkt, hat der bayerische Rechtsanwalt sich der Mühe unterzogen, vor allem zentrale Anklagepunkte wie „Vorbereitung eines Angriffskriegs“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ abermals kritisch zu prüfen. Dabei bestätigt er die Analysen vieler Urteilskritiker vor ihm, wonach gerade im Prozeß gegen die „Hauptkriegsverbrecher“ wesentliche Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren nicht erfüllt worden seien. Zwar wären auch nach deutschem Recht, wie es bis 1933 und nach 1945 galt, einige der politisch für schwere Verbrechen verantwortlichen NS-Funktionäre wie Julius Streicher oder Hans Frank zum Tode zu verurteilen gewesen. Doch die Generale und Admirale Wilhelm Keitel, Alfred Jodl, Karl Dönitz und Erich Raeder, die sich auf Befehlsnotstand hätten berufen können, wären nicht einmal angeklagt worden. (ob)

Rainer Thesen: Keine Sternstunde des Rechts. Die Nürnberger Prozesse und die Rechtswirklichkeit. Osning Verlag, Bielefeld 2017, gebunden, 269 Seiten,  24,60 Euro