© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/17 / 15. Dezember 2017

Konzernlenker verbreitet grün-rote Fake News
Autoindustrie II: VW-Chef Matthias Müller fordert, Diesel zu verteuern, um mit dem zusätzlichen Steuergeld die teure Elektromobilität zu subventionieren
Jörg Fischer

Laut VW soll im 1,3 Tonnen schweren T-Rock „entspanntes Fahren“ möglich sein. Dessen kleiner Dreizylinder-Motor verbrauche nur 5,1 Liter. Das sind keine Fake News, sondern Werbung. Unter Entspannung läßt sich viel verstehen. Und der Benzinverbrauch des Mini-SUV wurde nicht im wahren Leben, sondern „nach den gesetzlich vorgeschriebenen Meßverfahren ermittelt“. Daß hochgezüchtete Minimotoren genauso lange halten wie hubraumstarke ohne Turbolader, wird nie versprochen – selbst nicht von BMW, Ford oder Peugeot/Opel.

Daß Matthias Müller Elektromobilität lobt und das mit grün-roten Argumenten begründet, das überrascht schon. Wenn der Umstieg auf „umweltschonende E-Autos“ gelingen solle, könne der Diesel nicht wie bisher „subventioniert“ werden, behauptete der VW-Konzernchef im Handelsblatt. „Abstriche bei den Diesel-Subventionen, dafür Anreize für Elektroautos, wären jedenfalls das richtige Signal.“ Ob bei 2,56 Euro Dieselpreis – das entspricht dem grünen Fünf-Mark-Beschluß von 1998 – eine Million E-Autos über deutsche Straßen rollen würden (wie von Angela Merkel erhofft) und der e-Golf für 35.900 Euro kein Ladenhüter wäre, ist nur eine These.

Doch nirgendwo in Europa wird Diesel „subventioniert“ – überall kassiert der Fiskus kräftig mit. Selbst im Auto-Land USA kostet der Liter umgerechnet statt 30 bis 35 (Netto) etwa 55 bis 70 Cent. Auf jeden Liter Diesel werden in Deutschland 47,04 Cent Energiesteuer aufgeschlagen. Hinzu kommen 19 Prozent Umsatzsteuer, die nicht nur auf den Nettopreis, sondern auch auf alle Steuern und Abgaben fällig wird. 2016 lag der Steueranteil beim Diesel bei 60 Prozent.

„So wird Diesel im Vergleich zum Heizöl – wobei zwischen Diesel und Heizöl kein chemischer Unterschied besteht – deutlich höher belastet. Im Gegensatz dazu ist Erdgas für Mobilität derzeit geringer belastet als Erdgas für das Heizen“, konstatiert eine Studie des Hamburger Instituts Economic Trends Research (ETR). Zudem werden Diesel-Pkw mit höheren Kfz-Steuern belastet als Benzin-, Elektro- oder Gasautos. Der VW-Verkaufsschlager Tiguan ist als Diesel nicht nur 2.950 Euro teurer als das gleiche Benzin-Modell, auch die Kfz-Steuer liegt um 144 Euro pro Jahr höher. Hinzu kommen merklich teurere Versicherungstarife für Dieselfahrzeuge.

Mit einem hat Müller aber recht: Die steuerlichen Regelungen beim Diesel „haben den Absatz von Diesel-Fahrzeugen in Deutschland erheblich erleichtert“. Und das verdanken die Autofirmen Lobbyisten und der Bundespolitik: Seit 30 Jahren drehen die Finanzminister kräftiger an der Benzin- als an der Dieselsteuerschraube. Seit 1994 beträgt der Benzinaufschlag 43 Pfennige be­zie­hungs­wei­se 22 Cent pro Liter. 1996 waren 15 Prozent des Pkw-Bestands Diesel. 2015 entschied sich fast jeder zweite Deutsche für einen Diesel. Die hohen deutschen Benzinpreise (78 Cent Steuerbelastung) aber zu einer „Subvention“ für den Diesel umzudeuten sind Fake News in Reinform.

Studie „Die steuerliche Belastung von Benzin und Diesel“ von Economic Trends Research: afm-verband.de/