© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/17 / 01. Dezember 2017

Der Flaneur
Wurden schon bedient?
Konrad Markwart Weiß

Gleich zu Beginn die gute Nachricht: Die OECD weist für die alpenländische engere Heimat des Neo-Flaneurs die höchste Quote minderjähriger Raucher aus. Da geht die vielgeschmähte Jugend einmal mit gutem Beispiel voran und schon spucken ihr die Altvorderen erst wieder in die Suppe. Denn bald gilt auch hierzulande ein Rauchverbot in der Gastronomie. 

Was man an dieser beim dann unausweichlichen home drinking kaum vermissen wird: die große Mehrheit des Servierpersonals. „Es hat sich noch keiner beschwert“ und „es ist aber frisch gezapft“ trösten den Bierfreund auch nicht über den schalen Lack im noch spülmaschinenheißen, trotzdem noch immer nicht sauberen Gemäß hinweg. 

Servierdamen bedienen in einer Mischung aus „Majestätsplural und kühler Distanz.“

Überhaupt: Manch weibliche Bedienung beschwört Doderer herauf, wenn sie „eigentlich keinen richtigen Blick zeigt, sondern nur die“ – dem kredenzten Gebräu nicht unähnliche – „dünne und wäßrige Substanz einer fast unbegreiflichen, alleräußersten Frechheit“. Auch erträglich: Der nahende Trennungsschmerz von so manchem Ober mit hochherrschaftlicher Attitüde, die, wenn überhaupt, einem Oberst frommte. Frühstücksbestellung zwei Minuten nach dem entsprechenden Zeitfenster? Jedwede bargeldlose Zahlungsmöglichkeit? Jauchzend verneint der Gewaltige, dessen mürrische Miene sich nur erhellt, wenn er dem ohnehin wie auf rohen Eiern gehenden Gast eine Bitte abschlagen kann. 

Beim k.u.k Hofzuckerbäcker Demel hingegen hat man seit 1786 so manch niederschmetternde Gesetzgebung aussitzen können und wird auch künftig bei der Stange bleiben – schon wegen des Personals: Die schwarzgewandeten, weißbeschürzten Servierdamen befleißigen sich einer, so der Schriftsteller Friedrich Torberg, „nur beim Demel erhältlichen Mischung aus Majestätsplural und kühler Distanz“: Wurden schon bedient? Haben gewählt? Wollen probieren? Gerne. Sogar rauchfrei.