© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/17 / 24. November 2017

Grüße aus Wien
I am from Austria
Michael Link

Was für ein Kaiserwetter – noch dazu Mitte November! Fast sündhaft empfände ich es, die milden Sonnenstrahlen im bereits weit fortgeschrittenen Herbst nicht für einen kleinen Ausflug zu nutzen. Auch wenn ein traditioneller Museumsbesuch – diesmal im Volkskundemuseum – auf unserer Tagesplanung steht: Zeit für einen Radausflug im nahen Wiener Prater muß sein.

Das Kaiserwetter läßt es allerdings nicht zu, uns rechtzeitig von den Prater-Auen und unseren alten Drahteseln zu trennen. Gemütlich wollen wir es zu Hause ausklingen lassen. Das Volkskundemuseum, welches demnächst sein hundertjähriges Jubiläum feiern wird, kann warten. Die Ankündigung „100 Jahre Museumsgeschichte, Positionierungen und Handlungen im Namen von Volkstum und Heimat“ werde ich in der kommenden Woche als nicht minder interessant empfinden. Und so vertagen wir die Erfüllung des selbst auferlegten Bildungsauftrages auf vorläufig unbestimmte Zeit.

Volkskunde künftig nur noch Alltagskultur? Macht da ein neuer Name neues Programm?

„Wer in die Zukunft schaut, müsse sich auch mit der Vergangenheit auseinandersetzen“, lese ich zu Hause im Sofa noch einmal das Zitat des Museumsdirektors. Dann denke ich an meine bereits seit einem Vierteljahrhundert vergangene Schulzeit in diesem pittoresk verwitterten Bau mit idyllischem Garten inmitten Wiens. Kunstvoll und ästethisch empfand ich so manche Ausstellungsstücke wie die Möbel eines alten Bauernhauses, Krippen und Trachten, Volksliedbücher und Webstühle, teilweise allerdings auch fremd für ein Großstadtkind. Doch empfand ich damals diesen kleinen Blick zurück auf die vergangenen 300 Jahre und das Leben der Menschen in diesem Land als reizvoll.

Etwas verwunderlich finde ich nun die geplante Namensänderung des Volkskundemuseums in „Campus für Alltagskultur“. Macht da ein neuer Name nicht neues Programm – und welches? Museum, zu verstaubt? Volkskunde, nunmehr etwas für Nostalgiker und Gestrige? 

Ich lande beim Wetterbericht. Trotz einiger erheblicher fehlgeschlagener Prognosen für das Wochenende vertraue ich auch diesmal den Meteorologen und stelle mich auf ein kühles und eher verregnetes Wochenende ein. Schließlich sind wir bereits seit Wochen im stolzen Besitz zweier Eintrittskarten von Rainhard Fendrichs Musical „I am from Austria“. Das fiktive Wiener Traditionshotel „Edler“ wird in diesem neuen Musical zur Drehscheibe der großen Welt.