© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/17 / 10. November 2017

Die Offshore-Industrie steht wieder am Pranger
Paradise Papers: Vermeintlich unabhängige Journalisten wollen wieder Politik machen / Wer bezahlt die Recherche?
Carsten Müller

Achtzehn Monate ist es her, daß die „Panama Papers“ für Wirbel sorgten. Abertausende Politiker und Prominente kamen in Erklärungsnot, weil sie Steueroasen nutzten, indem sie Vermögenswerte und Geschäftsaktivitäten dort verbargen (JF 17/16). Verantwortlich für die Veröffentlichung zeichnete das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) mit Sitz in Washington, USA. Das ICIJ ist es auch, das nun mit den „Paradise Papers“ nachlegt.

Wieder geht es um Tausende Politiker, Prominente und Firmen. Sie alle sollen die globale Offshore-Industrie genutzt haben. In welcher Weise, soll sich in insgesamt 1,4 Terabyte Daten bzw. rund 13,4 Millionen Dokumenten verbergen. Wie das ICIJ mitteilte, stammen die Daten aus insgesamt 21 verschiedenen Leaks. Das ist die euphemistische Umschreibung dafür, daß es sich um gestohlene Daten handelt, die dem ICIJ und dessen Medienpartnern, darunter auch der NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung, „zugespielt“ wurden. Dies geschah hauptsächlich zum Nachteil der britischen Anwaltskanzlei Appleby mit Hauptsitz auf der Isle of Man. Deren internationale Geschäftsaktivitäten reichen von der Aufsetzung von Testamenten über Ehescheidungen bis hin zur Gestaltung von Offshore-Geschäften.

Bislang weisen ICIJ und seine Partner darauf hin, daß man die Dokumente weiter auswertet. Dennoch veröffentlichen die „Investigativjournalisten“ bereits den einen oder anderen prominenten Namen. Auf der Internetseite von ICIJ werden dabei die sogenannten politischen Power Player wie an einem Online-Pranger aufgeführt mit Nennung der Aktivitäten, aber ohne eine Einordnung, ob diese nun rechtlich legal oder womöglich illegal wären.

Die Palette der Überführten ist bunt gemischt. Als besonders prominent werden unter anderem US-Handelsminister Wilbur Ross und Außenminister Rex Tillerson genannt. Insbesondere bei Ross geht es um seine Beteiligung an einer Reederei, zu deren Kunden der russische Öl- und Gaskonzern Sibur gehört. Das wird von den linken Kräften in den USA gleich so interpretiert, daß Ross Verbindungen zu Wladimir Putin verschwiegen hätte, der natürlich entsprechend den Vernetzungen in der russischen Wirtschaft auch in irgendeiner Weise mit Sibur in Verbindung gebracht werden kann. Die Tatsache, daß auch andere Akteure aus dem Umfeld von Donald Trump in den „Paradise Papers“ auftauchen, wird als Beweis gesehen, daß es einerseits der innere Trump-Zirkel mit Steuerehrlichkeit nicht genau nimmt. Andererseits werden die Verbindungen zu russischen Unternehmen, wenn auch nur über die sprichwörtlichen sieben Ecken, als Nachweis gesehen, daß Trump nur mit Hilfe Moskaus die Präsidentschaft gewinnen konnte.

Afrikanische Potentaten und ein Hochhaus in Duisburg

Das alles paßt auf die bisherige Argumentation des linken Lagers in den USA. Daß die Vorwürfe nun ausgerechnet durch das ICIJ weiteren Stoff bekommen, ist allerdings nicht überraschend. Denn die angeblich unabhängige Non-Profit-Organisation ICIJ ist bei weitem nicht so unabhängig wie sie erscheinen will. Finanziert wird die Arbeit vor allem durch eine ganze Reihe von Organisationen, die dem linken Spektrum zugeordnet werden müssen. Besonders prominent dabei ist die Open Society Foundation (OSF), die von George Soros gegründet wurde.

Der Finanzinvestor hat seine Milliarden als Hedgefonds-Manager gemacht, indem er beispielsweise Anfang der neunziger Jahre gegen das britische Pfund wettete und es zum Ausscheiden aus dem damaligen europäischen Währungsverbund trieb. 1993 wettete er in ähnlicher Weise gegen die D-Mark. Bereits Ende der achtziger Jahre stand Soros außerdem im Verdacht des Insiderhandels und mußte dafür eine Millionenstrafe zahlen.

Soros ist seit vielen Jahren ein prominenter Geldgeber der US-Demokraten und der Anliegen linker Aktivisten und tritt als regelmäßiger Spender auch im Medienbereich auf. Neben dem ICIJ, wo er bzw. seine OSF als Unterstützer aufgeführt sind, gab er beispielsweise auch 1,75 Millionen Dollar an das Center for Community Change Action (CCCA), das die Proteste gegen Trump vor und nach der US-Präsidentschaftswahl mit organisierte. Ebenfalls ein großer Spender für das CCCA ist die Ford Foundation, die zwar von den Gründern der Ford-Werke ins Leben gerufen wurde, aber mit der Familie inzwischen nichts mehr zu tun hat. Damit schließt sich der Kreis, denn auch die Ford Foundation gehört zu den Geldgebern von ICIJ.

Daß die dortigen Journalisten sich durchaus den Vorwurf gefallen lassen müssen, einer eigenen linken Agenda zu folgen, sieht man letztlich auch daran, wie welche Namen aus den „Paradise Papers“ herausgestellt werden. Denn es gibt bislang eine ganze Reihe von Namen, die zwar veröffentlicht werden, aber kaum diskutiert. Neben Queen Elizabeth II., deren Legendenstatus in Großbritannien von ihren Offshore-Aktivitäten wohl kaum gestreift werden dürfte, finden sich auch Namen wie der U2-Sänger Bono in der Datenbank.

Der Künstler, der immer wieder mit seinem linkspolitischen Engagement auf sich aufmerksam macht, besitzt Anteile an einer Offshore-Firma, die unter anderem ein Hochhaus in Duisburg besitzt und gegen die nun wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. Ebenfalls in den „Paradise Papers“ ist neben zahlreichen afrikanischen Politikern auch ein Freund von Kanadas Premier Justin Trudeau, Stephen Bronfman, aufgeführt. Dieser ist gleichzeitig auch wichtigster Geldbeschaffer für Trudeaus Liberal Party of Canada (Grits). Drei weitere Ex-Ministerpräsidenten, zwei davon von den Grits, stehen auch in den „Paradise Papers“.

„Paradise Papers“-Portal des ICIJ:  icij.org

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Deutsche in den „Paradise Papers“

Die „Paradise Papers“ belegen auch die Beteiligung deutscher Prominenz an steuergünstigen Offshore-Projekten. Altbundeskanzler Gerhard Schröder hatte beispielsweise eine „unabhängige Aufsichtsratsfunktion“ beim britisch-russischen Energieunternehmen TNK-BP, die er nicht kommentieren wollte, von der er aber inzwischen zurücktrat. Es finden sich auch neue Hinweise auf einen möglichen großen Steuerstrafskandal. Der 2016 verstorbene Mäzen Curt Engelhorn hatte durch den Verkauf seines Pharmaunternehmens Boehringer Mannheim an die Schweizer Hoffmann-La Roche Gruppe einen großen Milliardengewinn gemacht und diesen seinen Töchtern geschenkt, um damit die anfallende Steuerlast zu verringern. 2013 konnten nur zehn der zuständigen Briefkastenfirmen durch die deutschen Steuerbehörden entdeckt werden – in den „Paradise Papers“ tauchen nun fünfzig eventuell relevante Briefkastenfirmen auf. Auch der Glücksspielunternehmer Paul Gauselmann (Merkur Casino) aus dem westfälischen Espelkamp soll sich in rechtlichen Grauzonen bewegt haben.