© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/17 / 10. November 2017

Tausende Stimmen gegen das Morden
Südafrika: Ein Ende der Gewalt gegen weiße Farmer ist nicht abzusehen / Protestmärsche sollen Öffentlichkeit wachrütteln
Josef Hämmerling

Die Gewalt gegen weiße Farmer in Südafrika nimmt immer mehr zu. Alleine in diesem Jahr gab es nach einer Meldung des Afriforums bei 351 Überfällen auf Farmen insgesamt 71 Tote. Der bislang letzte Mord geschah es erst vor wenigen Tagen, als ein Farbiger den 70jährigen Gemüsebauern Bokkie Potgieter in KwaZulu-Natal tötete. Damit wurden die 2016er-Zahlen bereits übertroffen. Das Afriforum ist eine Zivilrechtsorganisation, die sich insbesondere auch für die Interessen der Farmer und des Handels einsetzt. Afriforum-Geschäftsführer Ernst Roets zufolge ist der südafrikanische Polizeiminister Fikile Mbalula eines der Hauptprobleme bei dieser zunehmenden Gewalt. „Wir bekommen von ihm keinerlei Rückmeldungen auf unsere Eingaben“, bemängelt Roets. Gleichzeitig nähmen die Ängste der Farmer um ihr Leben und das Leben ihrer Familien stetig zu.

Unmut über Ignoranz des Polizeiministers

Vor diesem Hintergrund hatte das Afriforum am 30. Oktober unter dem Namen „Black Monday“ im ganzen Land zu Protestmärschen aufgerufen, denen sich mehrere tausend Leute anschlossen. Neben der zunehmenden Gewalt gegen Farmer protestierten sie vor allem auch gegen die Behörden, die ihrer Ansicht nach viel zuwenig dagegen unternehmen würden. Roets drohte damit, daß die Farmer in Zukunft die Sicherheitsfrage in die eigene Hand nehmen würden. Gleichzeitig soll durch diverse Aktionen die Aufmerksamkeit für dieses Problem international weiter gestärkt werden. „Wir werden die Proteste fortführen, aber wir werden nicht auf den Minister warten. Fikile Mbalula habe klargemacht, daß er nicht vorhabe, etwas dagegen zu unternehmen. Vielmehr ließ seine Antwort durchblicken, daß er Farmer für Rassisten halte“, sagte Roets der African News Agency (ANA).

Die größten Aktionen am Black Monday gab es in Kapstadt und Pretoria. Dort wurden mehrere der Hauptstraßen beider Städte lahmgelegt. Fast alle Teilnehmer waren als Zeichen der Trauer für den jüngsten Mord ganz in Schwarz gekleidet. Das Afriforum distanzierte sich aber von einigen Teilnehmern, die eine verbotene frühere südafrikanische Fahne trugen. Proteste dagegen gab es auch von der südafrikanischen Regierung. Landwirtschaftsminister Senzeni Zekwana warnte die Farmer davor, die Morde „zu politisieren“. 

Ein Zuckerrohrfarmer aus KwaDukuza, dem früheren Stanger, der anonym bleiben wollte, sagte gegenüber der Sunday Times, die Kampagne richte sich nicht nur gegen Attacken auf weiße Farmer, sondern wende sich gegen Gewalt gegen Farmer, egal welcher Hautfarbe: „Es ist sehr wichtig für uns, da wir alle gemeinsam verantwortlich für die Lebensmittelversorgung in diesem Land sind.“

Roets kritisierte vor allem, daß die südafrikanische Regierung sich weigere, konkrete Zahlen über Angriffe auf Farmen und Morde an Farmern zu veröffentlichen. So stammten die letzten offiziellen Zahlen aus dem Jahr 2007. Seitdem sei es aber zu einer „deutlichen Steigerung“ gekommen, wie aus den Zahlen, die das Afriforum erhebe, klar hervorgehe. 

In dem von Mbalula veröffentlichten Polizeibericht 2016/2017 stehe lediglich die Gesamtzahl aller Morde. Mit 19.016 Tötungen sei Südafrika gemessen an der Bevölkerungszahl eines der unsichersten Länder der Welt. Auch auf gezielte Nachfragen habe der Minister eine Antwort verweigert. Vielmehr habe er nur geantwortet, die Farmer sollten sich an die Gesetze halten und auch keine nicht registrierten Ausländer anstellen. Wenn sie von diesen dann angegriffen würden, würde die Politik verantwortlich gemacht, sagte Mbalula.

Nach Ansicht des Kriminologie-Experten Anthony Minnaar von der Universität in Pretoria würden Farmer attackiert, da sie „leichte Ziele“ seien. Sein Kollege Johan Burger macht darüber hinaus eine Änderung im politischen Klima für die zunehmenden Angriffe verantwortlich. So gebe es zum Beispiel Rufe nach einer Landreform und Vorwürfe gegen Farmer, das Land zu stehlen. Bis es hierzu aber eine verläßliche Studie gebe, blieben dies nur Vermutungen. Doch Roets zufolge weigert sich die Regierung, eine derartige Studie in Auftrag zu geben. Um sein Anliegen zu untermauern kündigt das Afriforum am 25. November einen erneuten Protestmarsch an. Ziel ist der Sitz der Regierung. Dort soll dem Präsidenten ein Memorandum gegen die Farmermorde übergeben werden.