© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Welche hätten’s gern?
AfD: Mehrere Vereine konkurrieren miteinander um die Frage, wer die parteinahe Stiftung der AfD aufbaut / Jahrelange Hängepartie
Christian Vollradt

Wer Funktionäre, Mitarbeiter oder auch bloß einfache Parteimitglieder der AfD auf das Thema „Parteinahe Stiftung“ anspricht, erntet häufig ein wortloses Augenrollen. Oder einen Stoßseufzer: „O je, eine unendliche Geschichte ...“ Schon zu Zeiten Bernd Luckes hatte es die ersten Anläufe gegeben, eine AfD-nahe Stiftung zu gründen; jedesmal gerieten sie in die Turbulenzen der internen Auseinandersetzungen und Lagerkämpfe. 

Wer wo einen Verein gegründet hatte, aus dem die eine, offiziell anerkannte Stiftung hervorgehen werde, da verloren selbst Kenner der Szene irgendwann den Überblick. Wie schon im Frühjahr vor dem Bundesparteitag in Köln (JF 15/17), so heißt es auch nun vor dem in vier Wochen stattfindenden in Hannover: jetzt soll endlich eine Entscheidung fallen. Solange führen noch mehrere Vereine mit teilweise zum Verwechseln ähnlichen Namen ein unkoordiniertes Eigenleben; und konkurrieren – ungeachtet aller vom Vorstand signalisierter Präferenzen – öffentlich weiterhin in der Frage, wer den Grundstock der parteinahen Stiftung auf Bundesebene bilden wird.   

Erst im Frühjahr hatte sich der Immanuel-Kant-Verein als Keimzelle einer zu gründenden Immanuel-Kant-Stiftung gegründet. Medien und innerparteiliche Kritiker hatten seinerzeit gemutmaßt, damit wolle das Duo Frauke Petry und Marcus Pretzell sich Einfluß und Zugriff auf eine AfD-nahe Stiftung sichern. Beide hielten sich jedoch im Hintergrund. Der Verein ist wie alle „großen“, sprich etablierten parteinahen Stiftungen auch, beim Amtsgericht Bonn registriert. Als Adresse fungierte die der Rechtsanwälte Kirsten und Michael Muster im sächsischen Moritzburg. Kirsten Muster verließ im September zusammen mit Frauke Petry die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Im Zuge der Querelen um Petrys Abgang und Austritt aus der AfD, legte auch der Vorsitzende des Immanuel-Kant-Vereins, der Publizist Bruno Bandulet, sein Amt nieder und trat aus dem Verein aus. 

Ebenfalls in Bonn registriert ist ein Verein der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES), wobei es auch eine gleichnamige Landesstiftung in Schleswig-Holstein gibt (mit Vereinssitz in Lübeck). 

Vorbehalte abbauen,       Sympathien gewinnen

Nicht zu verwechseln damit ist die Akademische Erasmus Stiftung e.V. mit Sitz in Potsdam unter dem Vorsitz von Victoria Tuschik. Die Juristin ist Justitiarin der von André Poggenburg geführten AfD-Fraktion in Magdeburg. Mit von der Partie ist dabei auch der brandenburgische Landtagsabgeordnete Rainer van Raemdonck. Recht vollmundig hatte die Akademische Erasmus Stiftung bereits im September verkündet, als parteinahe Stiftung der AfD auf Bundesebene tätig zu werden. Das allerdings, so ist aus dem Bundesvorstand der Partei zu vernehmen, gilt als so gut wie ausgeschlossen. Denn aufgrund der personellen Zusammensetzung wird der Potsdamer Verein als zu stark vom rechten Parteiflügel dominiert wahrgenommen. Und das sei – vor allem in westdeutschen Landesverbänden – nicht vermittelbar. 

Vor allem stünde diese Ausrichtung dem Anspruch entgegen, den der maßgebliche Spiritus rector einer AfD-nahen Stiftung, Parteimitgründer Konrad Adam, als wesentlich ausgegeben hatte: Brückenbauer zu sein, um nach außen gesprächsbereit und vor allem gesprächsfähig zu sein. Vor allem mit jenen in der (akademischen) Gesellschaft, die mit der Partei fremdeln. Eine Stiftung müsse Vorbehalte abbauen, Sympathien gewinnen. 

Adams Nachfolger an der Spitze des in Bonn registrierten Desiderius-Erasmus-Vereins, der aus Bayern stammende Rechtsanwalt Rainer Groß, ist zuversichtlich, daß die bundesweite Stiftung noch in diesem Jahr bereitsteht: „Wir sind kurz davor, den Zug aus der Halle zu schieben“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Den Vorwurf der mutwilligen Verzögerungen weist er im Gespräch vehement zurück. Das habe eben auch an den Verwerfungen innerhalb der Partei gelegen. „Das ist, als hätten sie in einem Unternehmen jede Woche eine neue Belegschaft.“ Während seiner Tätigkeit habe es immer wieder auch persönliche Angriffe und Intrigen gegeben. „Auch weil da Leute sind, die Pöstchen wittern, die das als Versorgungswerk sehen“, bedauert Groß. Mit seiner Mannschaft werde es das aber nicht geben, versichert der Jurist. „Da gilt Demut. Wir wollen dienen.“

Auf dem Parteitag will Groß den Delegierten Rede und Antwort stehen, das Konzept vorstellen und „Substanz bieten“. Entscheiden müsse dann die Partei. Auf zwei Säulen müsse die Stiftung ruhen: dem akademischen Diskurs nach außen in die Gesellschaft hinein sowie der Bildungswerk-Aufgabe, die jedoch immer öffentlich zu sein habe. „Wir sind ja keine Parteistiftung, wir bieten Seminare nicht nur für AfD-Mitglieder an“, betont Groß.