© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/17 / 27. Oktober 2017

Kurden-Konflikt
Verrat an einem Verbündeten
Jürgen Liminski

Das kurdische Wort Pesshmerga bedeutet „die, die sterben werden“. Das hat nichts zu tun mit den morituri in den Arenen Roms. Die Peschmerga sind freiwillig bereit zu sterben – für ihr Land, ihr Volk, ihre Kultur, ihre Geschichte. Das wird auch jetzt wieder geschehen. Denn die Peschmerga werden die Siedlungsgebiete der Kurden im Norden des Irak gegen die schiitische Armee aus Bagdad verteidigen, mit allem, was sie haben. Dazu gehören auch Waffen aus Deutschland. Sie werden nicht fragen, ob sie diese dafür einsetzen dürfen. Wenn es um Leben und Tod geht, werden keine Anträge mehr gestellt. 

Dennoch war es richtig, die Pesshmerga zu unterstützen. Sie stellten die Bodentruppen gegen den IS, sie haben Mossul und Rakka befreit. Und sie haben dafür einen hohen Blutzoll gezahlt. Daß Washington den kurdischen Mohr jetzt fallenläßt, kann man als Verrat bezeichnen. Das sollte Berlin nicht mitmachen, egal was die Despoten in Teheran, Bagdad, Ankara oder Damaskus sagen.

Die Europäer verfolgen in der Regel eine komplementäre Politik zu den USA in Nahost. Für mehr fehlen die Mittel – und ein Konzept, das eigenen Interessen Vorrang einräumt. Aber solange Washingtons Nahost-Politik so unberechenbar ist wie heute, solange sollte man wenigstens den kurdischen Befreiungskampf anerkennen. Das tut Israel übrigens auch.