© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/17 / 20. Oktober 2017

Prozesse gegen deutsche Staatsbürger in der Türkei
Es fehlt der Mut
Jürgen Liminski

Er hat den Türken mal so richtig gezeigt, wo der Hammer hängt. Noch-Außenminister Gabriel sagte zwar nicht wie die Linke, die „Türkei kann nicht länger Nato-Mitglied sein“, aber auch seine vielen grimmigen Basta-Worte haben nichts geändert am Gähnen in Ankara. Dasselbe gilt für die Kanzlerin oder sonst einen Empörten aus dem Raumschiff Jamaika. Es gibt schon zu viele verbale Tischfeuerwerke in Berlin, als daß man die deutsche Türkei-Politik noch als glaubwürdig bezeichnen könnte. Leidtragende sind vor allem die politischen Geiseln in der Hand Erdogans und seiner Blutrichter.

Der Despot vom Bosporus reagiert nur auf Fakten. Die könnte es auch geben. Berlin könnte die Hermes-Bürgschaften nicht nur deckeln, sondern gleich ganz versagen. Man könnte die EU-Vorbeitrittshilfen nicht nur anpassen, sondern den Beitrag Deutschlands dazu einstellen. Man könnte Gelder des Erdogan-Clans in der Bundesrepublik einfrieren. Man könnte den Flüchtlingsdeal kündigen und die Waffenexporte stoppen. Und so weiter.

Es gibt Mittel, um die türkische Führung wirklich unter Druck zu setzen. Aber der Hammer bleibt hängen. In seinem letzten Interview wurde Adenauer gefragt, welche Tugend die wichtigste sei für einen Politiker. Die Antwort des Alten: „Am wichtigsten ist der Mut.“ Genau der fehlt dieser Bundesregierung.