© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/17 / 20. Oktober 2017

Landtagswahl in Niedersachsen
Schwarze Lernverweigerung
Christian Vollradt

Dat is’n anner Kurn, sä de Möller un beet op’n Muusköddel.“ Der plattdeutsche Spruch vom Müller, der wider besseres Wissen Mäusekot für ein Getreidekorn ausgibt und ihn ißt, erinnert an die CDU nach ihrer zweiten Wahlschlappe innerhalb von drei Wochen. „Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten“, hatte Angela Merkel nach der Bundestagswahl schulterzuckend gemeint. Und ihr Sekretärsleutnant Peter Tauber nannte das schlechteste Abschneiden zwischen Ems und Elbe seit 1959 am Sonntag ein „achtbares Ergebnis“. Zur Erinnerung: 22 Direktmandate haben die Sozial- den Christdemokraten abgejagt.

Doch auch der AfD, deren Einzug in das 14. Landesparlament ohne Zweifel ein Erfolg ist, täte etwas kritische Selbstreflexion gut. Wer ehrlich ist, weiß, daß die 6,2 Prozent in erster Linie Ausdruck eines bundespolitisch dominierten Protests sind und wenig mit landestypischen Themen zu tun haben. Legt der kriselnde Verband seine internen Spannungen bei und arbeiten die neuen Abgeordneten im Leineschloß solide, kann sich der Vertrauensvorschuß auszahlen. Beginnt nun das Ende der Ära Merkel? Vielleicht. Aus einem Grummeln und Grollen nun den Aufstand gegen „Mutti“ herbeizuhalluzinieren, wäre jedoch naiv. Die dafür nötige personelle und ideelle Kraftreserve hat die Partei längst nicht mehr. Wohl ist die CDU aber in der Lage, noch mehr Köttel zu mampfen – und das dann sogar als geschmackliche Erweiterung zu verkaufen.