Sind wir hier im Zoo? Das Vogelgeschrei klingt exotisch. Mal ein Zetern wie eine Krähe, dann ein „klock-klock“ wie vom Auerhahn, und dann ein Tirilieren wie von einem Singvogel. Aber alles deutlich von einem einzigen Tier und in einer Mordslautstärke.

Was ist hier los? Ich bin neugierig und will der Sache auf den Grund gehen. Von der Terrasse aus gehe ich ums Haus, auf den Bürgersteig, die Straße hinab – immer dem seltsamen Lärm nach. Ich glaube, gleich hab’ ich’s. Hinter der Ecke eines Wohnblocks muß die Quelle sein. Ich schaue um die Mauerkante: Da sitzt ein großer grüner Papagei auf der Balkonbrüstung im Erdgeschoß und macht den Radau.

Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis die Kurzen auch einen Papagei wollen.

Als ich interessiert näherkomme, dreht er den Kopf zu mir und sagt: „Na?“ Der kann sprechen! Ich versuch’s mit „Hallo“ und der Papagei antwortet: „Hallo“ Dann lacht er dreckig: „Harhar, hähähä!“ Lustig, ob gleich ein oller Pirat durch die Tür auf den Balkon tritt? Da fällt mir auf, daß der Papagei nicht angebunden ist. Sicherheitshalber trete ich einen Schritt zurück, denn vor dem scharfen spitzen Schnabel habe ich gehörig Respekt. Ich habe mal gesehen, wie ein Papagei mit seinem Schnabel eine Mandelschale geknackt und einem Hund den Kopf blutig gehackt hat – das macht Eindruck.

Der hier scheint zum Glück friedlich zu sein. Vom Besitzer nichts zu sehen. Offenbar besteht bei dem Papagei keine Fluchtgefahr. Ob er sich auch verabschieden kann? Ich sage „Tschüs!“, aber der Papagei antwortet mit: „Was ist?“ Dann verfällt er wieder in variantenreiches Geschrei.

Seitdem ist das krakeelende  Vieh nun jeden Abend zwischen fünf und sechs Uhr in der ganzen Nachbarschaft zu hören. Anscheinend hat er dann Freigang auf dem Balkon. Unter den Kindern der Straße ist er schon die Attraktion. Jede Wette: Es dauert nicht mehr lange, bis die Kurzen ankommen: „Papa, kriegen wir auch einen Papagei?“