© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/17 / 06. Oktober 2017

Geoarchäologische Entmythologisierung im Watt
Rungholts Tiefenvermessung
(ob)

Rungholt war im späten Mittelalter ein nordfriesisches Seehandelszentrum, das am 16. Januar 1362 in der „Groten Mandrenke“, der verheerenden Zweiten Marcellussturmflut unterging. Dichter wie Theodor Storm und Detlev von Liliencron formten die Überlieferung zum „Mythos“ Rungholt, während manche Populärwissenschaftler sogar suggerierten, der Ort sei mit dem sagenhaften antiken Atlantis identisch. Genauer will es jetzt ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt „Geoarchäologische Untersuchungen zu Häfen des 12. und 13. Jahrhunderts entlang der Hever (Nordfriesland), ausgehend vom Handelsplatz Rungholt“ wissen. Erste Resultate, wie sie die Mainzer Geoarchäologen Hanna Hadler und Andreas Vött präsentieren (Geographische Rundschau, 9/2017), zeigen, daß in großen Teilen des Wattenmeers ein exzellentes Erhaltungspotential für Spuren der mittelalterlichen Kulturlandschaft und ihres raumzeitlichen Wandels existiert. Mit geophysikalischen Methoden wie Magnetometrie und geoelektrischer Tomographie konnte erstmals eine geologische Bestätigung für die sturmflutbedingten Landverluste gewonnen werden, die zu Rungholts Zerstörung führten. Die weitere Vermessung des Paläobodens werde eine detaillierte Rekonstruktion des Kulturraums um Rungholt sowie Aufklärung über seinen Untergang ermöglichen. 


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