© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/17 / 29. September 2017

Frisch gepresst

Paramilitär. Die politische Landschaft der Ersten Republik in Österreich war von 1918 bis 1938 von paramilitärischen Verbänden geprägt. Als Pendant zum Republikanischen Schutzbund der Sozialdemokraten galten die christlich-sozialen Heimwehren. Sie wurden nach dem Ersten Weltkrieg aus lokalen Einwohnerwehren und Selbstschutzverbänden gegründet und wollten der Linken das „Recht auf die Straße“ streitig machen. Doch über dieses Ziel schossen die Heimwehren bald hinaus und träumten nach Mussolinis Vorbild von einem „Austro-Faschismus“, wie der Wiener Emeritus Lothar Höbelt nun zeigt. Mit Hilfe italienischer Akten, privater Tagebücher, von Polizeiberichten und Adelsarchiven legt der Historiker ein minutiös gearbeitetes Werk mit großem Anmerkungsapparat über die Geschichte der Heimwehren von 1927 bis 1936 vor. Höbelt räumt mit schwammigen Gerüchten auf, wonach die Heimwehren als Wegbereiter des Nationalsozialismus gelten müßten. Vielmehr seien die Österreicher der Zwischenkriegszeit in einem „gemischten System aufgewachsen, das demokratische und autoritäre Elemente in einer konstitutionellen Monarchie vereinte“. Im Unterschied zu Mussolini wäre den Heimwehrführern eine Rückkehr zur „Vorkriegsqualität“ allerdings durchaus recht gewesen. (ls)

Lothar Höbelt: Die Heimwehren und die österreichische Politik 1927–1936. Ares Verlag, Graz 2016, gebunden, 456 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro





Abgenutzt. „Populismus“ lautet einer der häufigsten Vorwürfe des Establishments gegen Rechtsparteien. Es ist eine Keule – das zeigt nicht zuletzt der Wahlerfolg der AfD bei der Bundestagswahl –, die sich abgenutzt hat. Namhafte Publizisten wie Klaus Kelle, Nicolaus Fest, der österreichische Nationalratsabgeordnete Marcus Franz oder die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld analysieren diesen Begriff und seine realpolitische Bedeutung. Kelle beschäftigt sich dabei vor allem mit der Alimentierung „linkspopulistischer Netzwerke“ durch den Staat. Die erste Adresse im Land für Denunziation und üble Nachrede sieht er dabei in der Amadeu-Antonio-Stiftung. Fest vertritt die These: „Demokratie braucht Populismus“. Populisten verfügen seiner Meinung nach häufig über einen besseren Sinn für Realitäten und ein „Wissen um die Wirklichkeit jenseits des grünen Tisches der Politik“. (tb)

Christian Günther, Werner Reichel (Hrsg.): Populismus. Das unerhörte Volk und seine Feinde. Verlag Frank & Frei, Wien 2017, broschiert, 210 Seiten, 19 Euro