© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/17 / 29. September 2017

Jacob Rees-Mogg. Wird der Bilderbuch-Konservative Nachfolger von Theresa May?
Gestatten, Mogg!
Michael Walker

Bei einer Umfrage des Blogs conservativehome.com unter Mitgliedern der britischen Torys erreichte der Unterhausabgeordnete Jacob Rees-Mogg mit über 22 Prozent den ersten Platz als möglicher Nachfolger der Parteivorsitzenden Theresa May. Geboren 1969 in Somerset als Sohn des ehemaligen Times-Herausgebers William Rees-Mogg, repräsentiert er das Idealbild des feinen, reichen Engländers aus der Oberschicht. Er ist Vorsitzender von Somerset Capital Management (das Vermögenswerte von 7,6 Milliarden US-Dollar verwaltet), und seine Frau, die ehemalige Marquess von Bristol, verfügt über ein geschätztes Vermögen von 45 Millionen Pfund.

Rees-Mogg setzte sich natürlich für den Brexit ein, denn der EU wirft er einen Mangel an Demokratie, ihren Supranationalismus und Eingriffe in den freien Markt vor. Eher untypisch: Er ist kein Anglikaner, sondern strenggläubiger Katholik und lehnt Abtreibung unter allen Umständen ab. Allerdings betont er auch in bester populistischer – im wohlverstandenen Sinne des Wortes – Tradition, daß für ihn als Unterhausabgeordneten „das britische Volk mein Boss ist“.

Während der beliebten Fragestunde-Sendung der BBC erzielte er mit seinem Vorschlag, Steuergeld durch die Streichung von Auslandshilfen zu sparen, starke Zustimmung bei den Zuschauern. Sogar George Galloway, der freimütige Genosse von Labour-Chef Jeremy Corbyn begrüßt die mögliche Wahl des hageren Herrn zum Anführer der Torys, weil der „ein ebenso authentischer Konservativer ist wie Corbyn ein authentischer Sozialist“. 

Zwar leugnet Rees-Mogg noch vornehm, überhaupt Interesse an der Führung der Torys zu haben, doch unter den Brexiteers herrscht die Auffassung, der nächste Premierminister sollte ein „Brexiter“ der ersten Stunde sein. Und für die Öffentlichkeit scheint der Umstand, daß Rees-Mogg mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, nicht gegen ihn zu sprechen. Seine grenzenlose Höflichkeit und sein Vermeiden jeder Vulgarität und Dreistigkeit im Zeitalter des Gespötts und der abfälligen Tweets treffen bei vielen Briten den richtigen Ton. 

Seit dem Rücktritt von Alec Douglas-Home 1974 haben es die Torys vermieden, ihre Vorsitzenden aus den Reihen des Landadels zu wählen. Werden sie nun damit brechen? Könnte Rees-Mogg das Mißtrauen der Pro-EU-Konservativen überwinden und ist seine Attraktivität groß genug, um eine britische Unterhauswahl zu gewinnen? 

Es läge eine gewisse Ironie darin, wenn ausgerechnet die derzeitige „populistische“ und gegen das Establishment gerichtete Stimmung in Großbritannien dem „Ehrbaren Herrn Abgeordneten aus dem frühen 20. Jahrhundert“, als den ihn der Journalist Quentin Letts tituliert hat, die Chance verschafft, Premierminister im 21. Jahrhundert zu werden.