© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Publizistisches Trommelfeuer für ein faktisches „Weiter so“
Scheinalternative FDP
Jörg Fischer

Von Helmut Kohl bleibt die Wiedervereinigung – was aber bleibt einmal von Angela Merkel? Die Frage stellte sich der einstige Linke Stefan Aust und antwortete in seinem publizistischen Alterswohnsitz Welt: „Die Modernisierung der CDU in Richtung auf eine christlich-grüne-sozialdemokratische Volkspartei“, so der frühere Spiegel-Chefredakteur. Wer die Kanzlerin abwählen wolle, „dem bleibt die Wahl zwischen Linkspartei oder AfD. Keine schöne Alternative.“

Dies schwant auch vielen merkelkritischen Wirtschaftspublizisten und Ökonomen. Deshalb entfachen sie ein Trommelfeuer für die FDP. Für FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube ist sie schlechterdings „die richtige Wahl“. Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank und energische Euro-Kritiker Thomas Mayer empfiehlt Christian Lindner: Der sei „ein Alptraum“ für den französischen Präsidenten. Denn Emmanuel Macron habe sich mit Merkel schon auf neue Geldtöpfe und Transfers in der Eurozone geeinigt – auf Kosten Deutschlands. Nur die FDP könne dies noch verhindern, suggeriert der Kuratoriumsvorsitzende des libertären Freiheitsinstituts „Prometheus“ des ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler.

Letzterer hat tapfer gegen die Eurorettungspolitik von Angela Merkel und Guido Westerwelle gestimmt – entgegen der FDP-Fraktionslinie. Im Wahlkampf warnt Lindner nun vor einer „weitreichenden Ausweitung“ der Eurozone, faselt über den vorübergehenden Euro-Austritt Griechenlands oder das Ende der Rußlandsanktionen, die die deutschen Exporteure schmerzen. Doch ein Blick ins EU-Parlament mit seinem Vizepräsidenten Alexander Graf Lambsdorff offenbart, daß zwischen Union, SPD, Grüne und FDP kaum ein Blatt Papier paßt. Im Wahlprogramm wird zwar eine „Subventionsbremse für den Bundeshaushalt“ versprochen, aber „jede Form von festgelegten Obergrenzen bei der Gewährung von Asyl“ abgelehnt. Wie das zusammenpaßt, verrät der Heilsbringer Lindner nicht.