© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Schnell außer Landes
Abschiebung krimineller Asylbewerber: Entsetzen über jüngste Sexualdelikte
Peter Möller

Der Fall sorgte deutschlandweit für Entsetzen: Am vergangenen Freitag wurde ein 16 Jahre altes Mädchen im oberbayerischen Höhenkirchen-Siegertsbrunn (Landkreis München) auf offener Straße von zwei Männern vergewaltigt. Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich offenbar um zwei 27 und 17 Jahre alte Afghanen.

Kurz vor der Bundestagswahl heizt dieser Übergriff die Debatte über die Flüchtlingspolitik zusätzlich an. Erst in der vergangenen Woche hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine Statistik mit innenpolitischer Sprengkraft vorgestellt: Demnach wurden in Bayern in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 685 Fällen fast 50 Prozent mehr Vergewaltigungen angezeigt als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der entsprechenden Taten von Einwanderern stieg um 91 Prozent auf 126 Übergriffe. Ihr Anteil an allen sexuellen Vergehen betrug in der ersten Jahreshälfte 18 Prozent. 

Quasi als Reaktion wurden am Mittwoch vergangener Woche erstmals seit Ende Mai wieder Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben. Die acht Männer waren nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zuvor wegen „erheblicher Straftaten“ verurteilt worden. „Aus Nordrhein-Westfalen wurden vier Straftäter abgeschoben, die schwere Straftaten, unter anderem schweren sexuellen Mißbrauch von Kindern oder räuberischen Diebstahl, begangen haben“, teilte das Düsseldorfer Innenministerium mit. Drei weitere kamen laut Herrmann aus Bayern. „Zwei sind wegen Vergewaltigung verurteilt worden, einer wegen gefährlicher Körperverletzung“, sagte der CSU-Politiker.

Trotzdem stieß auch diese Sammelabschiebung wieder auf Kritik in den Reihen der Grünen und bei linken Lobbyorganisationen wie Pro Asyl. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), verteidigte dagegen das Vorgehen der Behörde. „Nicht die Abschiebung von acht afghanischen Straftätern in ihr Heimatland ist Wahlkampf, sondern der Aufschrei der Grünen“, sagte Mayer der JUNGEN FREIHEIT. Die Bundesregierung habe erst vor wenigen Wochen die Sicherheitslage in Afghanistan unter Einbeziehung von Lagebeurteilungen internationaler Organisationen neu bewertet. „Bei den abgeschobenen Personen handelt es sich um Personen, bei denen in rechtsstaatlichen Verfahren nicht nur festgestellt wurde, daß sie nicht schutzbedürftig sind, sondern auch, daß sie erhebliche Straftaten wie schweren Kindesmißbrauch, Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung begangen haben. Ihre Abschiebung ist Umsetzung geltenden Rechts, und es gehört zu einer ernsthaften, konsequenten Flüchtlingspolitik, solche Leute schnellstmöglich außer Landes zu bringen“, unterstrich Mayer. Wer dies kritisiere, offenbare ein „zweifelhaftes Staatsverständnis“. Neben den unionsgeführten Bundesländern sollten sich künftig auch die anderen Länder stärker an solchen Maßnahmen beteiligen.

Deutlich gestiegene         Zahl von Asylklagen

Während sich die Diskussion über Straftaten und Abschiebungen von Flüchtlingen verschärft, wächst auch der Druck beim Familiennachzug nach Deutschland. Das geht nach einem Bericht der Rheinischen Post aus Zahlen des Auswärtigen Amtes hervor. Demnach wurden im ersten Halbjahr bereits rund 60.000 Visa für Familiennachzug erteilt. Im gesamten vergangenen Jahr waren es rund 100.000. Die Zahl der Familiennachzüge zu ausländischen Schutzberechtigten betrug in den ersten sechs Monaten dieses Jahres etwa 31.000 gegenüber 50.000 im gesamten Jahr 2016. Davon gingen 25.500 an syrische, 4.400 an irakische und 700 an afghanische Staatsangehörige. Im gesamten letzten Jahr hatten 40.000 syrische, 8.500 irakische und 1.500 afghanische Familienangehörige Visa für den Nachzug nach Deutschland erhalten. Im kommenden Jahr läuft das zweijährige Moratorium aus, mit dem auf dem Höhepunkt der Asylkrise der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus ausgesetzt wurde. Sollte diese Aussetzung des Familiennachzuges nicht verlängert werden, rechnen Experten damit, daß die Zahl der Familienmitglieder von Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, drastisch zunehmen wird.

Bereits jetzt deutlich gestiegen ist die Zahl der Klagen abgelehnter Asylbewerber vor den Verwaltungsgerichten. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung waren Mitte Juli mehr als 283.000 Verfahren anhängig und damit fast doppelt so viele wie Ende 2016. Das gehe aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Während 2016 insgesamt 175.000 Asylbewerber gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vor Gericht gezogen seien, seien es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 146.000 gewesen. Die Richter hätten zwischen Januar und Mai über knapp 39.000 Asylklagen entschieden. Angesichts dieser Zahlen mehren sich die Berichte über eine Überlastung der Verwaltungsgerichte.

Unterdessen wird auf europäischer Ebene ein Weg gesucht, um die während der Flüchtlingskrise teilweise wieder eingeführten Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums zu verlängern. Eigentlich müßten die zeitlich befristeten Kontrollen im November beendet werden. Doch nun könnte die anhaltende Gefahr durch den islamistischen Terrorismus in Europa für eine Verlängerung sorgen. So haben Deutschland, Frankreich, Österreich, Dänemark und Norwegen in einem Diskussionspapier „eine gezielte Ergänzung“ des Schengener Grenzkodex gefordert. Die Einführung von Grenzkontrollen wegen der Terrorbedrohung soll dadurch einfacher gemacht werden und zudem die mögliche Maximaldauer von zwei auf vier Jahre erhöht werden, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.