© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/17 / 15. September 2017

Aufgeschnappt
Verseuchte Claims
Matthias Bäkermann

Der Slogan für die Wahlplakate, die der AfD-Bundestagskandidat Ulrich Oehme vergangene Woche in seinem Wahlkreis Erzgebirge II anbringen ließ, klang für ihn ebenso griffig wie patriotisch: „Alles für Deutschland!“ war über dem Konterfei des 53jährigen zu lesen – mit Buchstabenanalogie zur AfD sogar extra pfiffig. Doch kaum hingen die ersten Plakate, wurde Unmut beim politischen Gegner laut: Typisch sei das, einen derart volksverhetzenden Spruch aufzugreifen, denn immerhin habe diese Losung auch die nationalsozialistischen SA benutzt. Gegenkandidat Marco Wanderwitz ist sich sogar sicher, daß diese „Brachialrhetorik“ ganz bewußt gewählt wurde: Oehme sei „ein reinrassiger Nazi“, polterte der CDU-Mann vergangenen Dienstag in der Online-Ausgabe der Dresdner Morgenpost.

Der in reinrassiger NS-Terminologie nicht ganz so sattelfeste Versicherungsmakler Oehme recherchierte irritiert und fand in der Tat ein jüngeres Gerichtsurteil, bei dem „Alles für Deutschland“ als faschistischer Werbeclaim und somit als Propagandadelikt bewertet wurde. Obwohl er findet, daß „wir unsere deutsche Sprache nicht geißeln dürfen, indem wir uns Sprüche, die so nah am Leben stehen, selbst verbieten“, ließ der Sachse bereits hängende Plakate rasch mit „Herz für Deutschland“ überkleben.