© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Frisch gepresst

Novemberrevolution. Pünktlich zu Willy Brandts Wahl zum ersten SPD-Kanzler der Bonner Republik wartete Sebastian Haffner mit der Legende von der Revolution auf, die 1918/19 von den Sozialdemokraten „verraten“ worden sei. Zehn Jahre später analysierte Klaus Theweleit in seinen „Männerphantasien“ die Kollektivpsyche jener Freikorps- und Reichswehr-Soldaten, denen die Ebert-SPD ihren Sieg über die kommunistische Konkurrenz verdankte. So wie Haffner als verspäteter Räte-Romantiker mit der SPD abrechnete, verlor sich Theweleit in wüsten Spekulationen über die in Gewalt umschlagenden Bindungsängste der Wilhelminer und ihrer Söhne. Trotzdem argumentierten beide Autoren letztlich historisch und nicht moralisch, wie seit den 1980ern bei geschichtspolitischen Kontroversen üblich. Jüngstes Erzeugnis solchen ahistorischen Ungeistes ist ein frei phantasierender Großessay von Mark Jones über die Novemberrevolution. Neues fördert der „europäisch“ vernetzte britische Jungakademiker des Jahrgangs 1981 zwar nicht zutage. Aber dafür bedient er fleißig das modisch-geschichtsfeindliche Narrativ der abstrakten „Kultur der Gewalt“, die für ihn vom Kampf gegen Spartakus schnurstracks nach Auschwitz führt. (dg)

Mark Jones: Am Anfang war Gewalt. Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik. Propyläen Verlag, Berlin 2017, gebunden, 432 Seiten, 26,80 Euro





CDU-Kritik. Aus seinem Mund klingt eine Unions-Kritik gleich noch ein wenig glaubwürdiger. Werner Münch war nicht nur 35 Jahre Mitglied, sondern auch Abgeordneter, Minister und Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Das Adjektiv „christlich“ spiele in Merkels CDU, in der Gender Mainstreaming, Abtreibung und Massenmigration als gesellschaftlicher Konsens propagiert werden, leider keine Rolle mehr. Auch mit seiner katholischen Kirche und dem jetzigen Papst Franziskus geht Münch hart ins Gericht. Er wirft ihm vor, durch abweichende Lehren den Spaltpilz in die Kirche getragen zu haben. Von Münch vermittelt in seiner Zusammenstellung bereits veröffentlichter Artikel aus verschiedenen Publikationen dem Leser glaubhaft den Eindruck eines um sein Land und seine Kirche besorgten aufrechten Christen. Die abwegige These, daß all dies von einer freimaurerischen Weltverschwörung gesteuert wird, trübt den Gehalt freilich doch. (tb) 

Werner Münch: Freiheit ohne Gott.Kirche und Politik in der Verantwortung. Verlag Media Maria, Illertissen 2017, gebunden, 176 Seiten, 16,95 Euro