© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Frauen bewundern verboten
Sexismus-Vorwürfe: Studenten stören sich an einem Liebesgedicht / Hochschulrektor knickt ein
Bastian behrens

Die geheimnisvolle Mona Lisa, die göttliche Venus von Milo, Leonardo da Vincis Dame mit dem Hermelin, Andy Warhols Marilyn Monroe – seit Jahrhunderten feiern Künstler die Schönheit der Frauen. Große und größte Kunst ist dem verehrungswürdigen schönen Geschlecht geweiht. Doch damit ist in Berlin jetzt Schluß: Der Rektor der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin-Hellersdorf läßt ein Liebesgedicht des berühmten Lyrikers Eugen Gomringer von der Wand eines Hochschulgebäudes entfernen, weil AStA-VertreterI*nnen darin eine Herabsetzung der Frau zu einem „bewunderungswürdigen Objekt“ sehen. Eugen Gomringer gilt unter Kennern als einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart. 2011 erhielt er den Poetik-Preis der Hochschule. Er dankte es mit einem Gedicht auf spanisch, das seither die Hochschule schmückt und übersetzt so lautet: „Alleen. Alleen und Blumen. Blumen. Blumen und Frauen. Alleen. Alleen und Frauen. Alleen und Blumen und Frauen. Und ein Bewunderer.“

So weit, so schön. Doch nicht für den Allgemeinen Studierendenausschuß (AStA) der Hochschule. Das Gedicht sei sexistisch, es reproduziere „nur eine klassische patriarchale Kunsttradition“ und müsse entfernt werden. Rektor Uwe Bettig knickte ein und will die Fassade nun neu gestalten lassen. Kunst-Zensur im Jahr 2017. Hysterische Bilderstürmer-Republik Deutschland. Setzen sich solche Dünnbrettbohrer durch, dann entsteht keine große Kunst mehr.

Dann gibt es keine geheimnisvoll lächelnde Mona Lisa, keine Venus von Milo, keine epochale Marilyn als Pop-Art-Ikone. Wenn AStA-Studenten ihre politisch-korrekte Mittelmäßigkeit zum Maßstab dessen machen, was Kunst sein darf, dann ist die Kunst in diesem Land am Ende. Kleine Geister schaffen keine große Kunst.