© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Merkels Milliardenversprechen soll Diesel-Fahrer beruhigen
Nach dem Wahltag ist Zahltag
Jörg Fischer

Wer glaubt, bei der Diesel-Hatz geht es um die Volksgesundheit und den Umweltschutz, der wählt entweder die Grünen oder freut sich naiv auf Angela Merkels vierte Amtszeit. Es ist auch kein Angriff auf die deutsche Wirtschaft, es geht schlicht ums Geschäft. „Mit Software-Updates allein ist es nicht getan“, erklärte anläßlich des jüngsten Dieselgipfels Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Die Autoindustrie solle auch die Hardware der Dieselmotoren auf ihre Kosten austauschen. Warum? Das bringt Zusatzumsatz in vierstelliger Höhe für die Werkstätten – pro Dieselfahrzeug.

Daß letztlich die Bürger zahlen, dafür sorgen gewiefte Konzernlobbyisten. Einen Vorgeschmack lieferte die Zusage der Kanzlerin, den „Mobilitätsfonds“ für die Kommunen auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln. Mit Steuergeld sollen Ladestationen für die elektrischen Drittwagen der Besserverdiener finanziert oder Busse und Müllwagen auf alternative Antriebe umgestellt werden. Das freut die Klientel von Wollseifer und die Autoindustrie. Volkswirtschaftlich ist es aber völliger Irrsinn, funktionierende Fahrzeuge durch teure und unausgereifte Prototypen zu ersetzen.

Schon die Einrichtung der Umweltzonen ab 2008 war kein Diktat aus Brüssel, sondern dies wurde mit Zustimmung der Merkel-Regierung beschlossen. Die Stadtluft in Berlin oder Köln wurde dadurch nicht spürbar besser, aber Privatleute und Firmen mußten ihre Dieselautos mit Schadstoffgruppe Euro 1 bis 3 durch Neuwagen mit kreativer Abgastechnik ersetzen – selbstverständlich auf eigene Kosten. Im August ist nun der Absatz von Diesel-Pkw im Jahresvergleich um 14 Prozent eingebrochen, der von Benzinern hat um 15 Prozent zugelegt. Letztere haben aber meistens Direkteinspritzermotoren unter der Haube. Deren Feinstaub-Problem und CO2-Ausstoß wird aber erst nach der Bundestagswahl entdeckt. Und wie sagte Angela Merkel kürzlich prophetisch: „Den Diesel wird es noch viele, viele Jahre lang geben.“