© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Spekulationsobjekt Schweizerische Nationalbank
Liebling der Anleger
Thomas Kirchner

In den weniger frequentierten Segmenten der Aktienmärkte finden sich interessante Nebenwerte, deren Existenz überrascht. So ist in Belgien eine Palmölplantage börsennotiert, in den USA eine Firma zur Unterwasserschatzsuche sowie neuerdings mehrere Marihuanafirmen. In London konnte man jahrelang Aktien eines japanischen „Liebeshotels“ erwerben. Sogar Anteilsscheine von vier Notenbanken sind publikumsnotiert. Die Aktien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind sogar Liebling der Anleger geworden. Von nicht einmal 1.700 Franken am Jahresbeginn ist der Aktienkurs auf inzwischen über 3.000 Franken gestiegen, wobei es erst im Juli richtig losging.

Getrieben wird diese Hausse von der SNB-Politik, die Fremdwährung gegen Emission neuer Franken aufkauft, um so den Franken schwach zu halten. Die Währungsreserven wiederum hat die SNB nicht wie andere Zentralbanken ausschließlich in Staatsanleihen, sondern teilweise in Aktien investiert, 714 Milliarden Franken beträgt das Portfolio, davon liegen 308 Milliarden in Euros. Durch den vierprozentigen Währungsverfall des Franken gegenüber dem Euro seit Juni ist der Wert dieser Anlagen um zwölf Milliarden Franken gestiegen. Teilweise wurden diese Gewinne durch den noch schwächeren Dollar ausgeglichen – 84 Milliarden Dollar liegen in US-Aktien.

Die Gewinne sollen in diesem Jahr maßgeblich zum Haushaltsüberschuß der Schweiz von 500 Millionen Franken beitragen. Doch für Anteilseigner ist bisher vollig unklar, ob und wie sie jemals in den Genuß der Gewinne kommen. Die Dividende ist gesetzlich auf sechs Prozent des Aktiennennwerts von 250 Franken begrenzt, also auf 15 Franken pro Jahr, der Rest geht an Bund und Kantone. Bleibt nur die Hoffnung, daß die SNB die Aktien der Minderheitsaktionäre aufkauft. Wie geschehen im Jahr 2000 bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Damals bekamen die Minderheitsaktionäre eine Prämie von fast hundert Prozent auf den Aktienkurs. Doch dies wäre eine politische Entscheidung, die im heutigen antikapitalistischen Klima eher unwahrscheinlich ist.

Andere Notenbanken sind derzeit bessere Anlagen. Die griechischen und belgischen Zentralbanken bieten mit je knapp fünf Prozent zehnmal höhere Dividendenrenditen als die Schweizer. Denn Kurs­phantasien enttäuschen Notenbankaktien häufig. Die Bank von Japan zahlt überhaupt keine Dividende und notiert rund 95 Prozent unter ihrem Höchstkurs aus dem Jahr 1989. Kaum besser ist die Griechische Zentralbank, die 84 Prozent unter ihrem Höchstkurs von 2005 steht, aber immerhin ordentliche Dividenden zahlt. Vergleichsweise gut notiert die Belgische Nationalbank mit 35 Prozent Abschlag vom Höchstkurs von 2010. Aktien der SNB sind also nur etwas für Anleger, die die Hoffnung haben, daß die Schweizer Politik die Minderheitsaktionäre teuer loswerden will.