© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Zeitschriftenkritik: Eulenfisch
Im Zeitalter nach der Wahrheit
Werner Olles

Begegnungen mit Wirklichkeit“ nennt Eulenfisch, das „Limburger Magazin für Religion und Bildung“, das Schwerpunktthema seiner aktuellen Ausgabe (18/2017). Die halbjährlich im 10. Jahrgang erscheinende Zeitschrift mit einer Auflage von 4.000 Exemplaren beschäftigt sich – wie Chefredakteur Martin W. Ramb in seinem Editorial ausführt – im Titelthema nicht nur mit „unterschiedlichen Zugängen zur Wirklichkeit in ihrer Vielgestaltigkeit“, sondern geht der Frage nach, was man heute überhaupt noch glauben kann. „Ein Zeitalter nach der Wahrheit („post-truth“)“ sei ausgerufen, und das deutsche Lehnwort „postfaktisch“ zum Wort des Jahres 2016 gekürt worden. „Verschwörungstheorien jeglicher Couleur“ hätten Konjunktur und konkurrierten um Glaubwürdigkeit: „Virtualität, erweiterte Realität und Parallelwelten zwingen uns, über das Wesen der Wirklichkeit neu nachzudenken“ (Ramb). So müsse man inzwischen von einer „Vielzahl von Realitäten“ ausgehen:„Vernunft und Glaube finden in Eule und Fisch in neuer Weise zueinander und beschreiben die Horizonte unserer Welt“ (Ramb). Schon Aristoteles schrieb, daß beides, Vernunft und Glaube, sich nicht ausschließen.

Holger Zaborowski fragt, woher wir eigentlich wissen, daß das, was wir für Wirklichkeit halten, nicht nur ein Traum ist. Wo das bloße Denken an Grenzen stoße, zeige sich eine Gewißheit ganz eigener Art – in Gestalt des anderen Menschen, der Welt und Gottes. Daher sei auch dem Begriff der „Wirklichkeit“ eine eigene Logik und Paradoxie zu eigen. Im Gedanken-Experiment könne man die Grenze zwischen dem Wirklichen und dem Nicht-Wirklichen überschreiten. Angesichts verschwimmender Grenzen zwischen dem Virtuellen und dem Wirklichen werde die Realität zu einem Teil- oder Unterbereich des Virtuellen, und der Weltzugang abhängig von Deutungen und Interpretationen. Könnte das, was für einen Menschen wirklich ist, für einen anderen nicht ganz und gar unwirklich sein? „Weil es Gott gibt, kann der Zweifel nicht von universaler Bedeutung sein“, schreibt der Autor, es bleibe daher „ein Wunder, daß überhaupt etwas wirklich ist – und nicht vielmehr nichts“.

Mit „Fake News – Good News“ beschäftigt sich Thomas Schumacher, Direktor des Bibel+Orient-Museums. Er setzt sich kritisch mit populärwissenschaftlichen Jesus-Interpretationen und den „unterhaltsam-abstrusen Verschwörungstheorien“ Dan Browns auseinander, die wissenschaftlichen Prüfungen nicht standhalten. So wurden das „Judas-Evangelium“ und das „Jakobus-Ossuar“ als Fälschung entlarvt. Doch müsse man darüber nachdenken, wie in der Bibel selbst das Thema Wahrheit verhandelt werde. So sage der johannische Jesus von sich: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14,6), während die Frage des Pilatus unbeantwortet bleibe.

Weitere lesenswerte Beiträge befassen sich mit der „Auferweckung Jesu“ und dem „Phänomen Selfie“.

Kontakt: Verlag Butzon & Bercker, Hoogeweg 100, 47623 Kevelaer. Das Einzelheft kostet 7 Euro, ein Jahresabo 12 Euro.

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