© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Ländersache: Hamburg
Appeasement in der Hafenstraße
Peter Möller

Die Rauchwolken der linksextremistischen Krawalle während des G20-Gipfels in Hamburg haben sich längst verzogen. Und daran, daß die berüchtigte „Rote Flora“ geräumt wird, glaubt in der Hansestadt auch niemand mehr. Dennoch hat sich seit den Krawalltagen Anfang Juli in der Stadt etwas verändert. Die Linksextremisten, die in Hamburg seit Jahrzehnten quasi Narrenfreiheit hatten, haben ihren Kredit verspielt und stehen nun unter verschärfter Beobachtung.

Das zeigt sich mitunter auch im kleinen wie jetzt eine Anfrage der CDU an das Bezirksamt von Hamburg-Mitte deutlich gemacht hat. Die Union hatte ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, von dem die Hamburger Politiker bislang die Finger gelassen hatten: die ehemals besetzten Häuser an der Hafenstraße. Deren Bewohner beteiligen sich seit Jahren am Hafengeburtstag mit eigenen Verkaufsständen – ein lukratives Geschäft. 

Denn zu dem jährlich im Mai stattfindenden Volksfest an der Elbe kommen bis zu 1,6 Millionen Besucher, die den Betreibern der zahlreichen Buden und Fahrgeschäfte an den Landungsbrücken einen Umsatz von rund 70 Millionen Euro bescheren. Wenig überraschend also, daß auch die linksextremistische Szene in der unmittelbaren Nachbarschaft trotz aller Vorbehalten gegen den „Konsumterror“ auch ein Stückchen von diesem Kuchen abhaben möchte. Allerdings natürlich ohne die üblichen Standgebühren für ihre zusammengezimmerten Stände zu entrichten, die sich aufgrund ihres anarchischen Charmes einer gewissen Beliebtheit erfreuen.

Die Antwort des zuständigen Bezirks-amtes auf die Anfrage der CDU nach dem Schwarzhandel der linksextremistischen Szene während des Hafengeburtstages fiel schmallippig aus: „Massives Vorgehen gegen ungenehmigte Stände, etwa zur Feststellung von Personalien, hätte erhebliche Auswirkungen auf die Veranstaltung“, erfuhren die CDU-Bezirkspolitiker. Das Amt wolle mit der Duldung „den Frieden mit der Szene vor Ort wahren“. Mit anderen Worten: Niemand hat sich bislang aus Furcht vor Randale getraut, die illegalen Stände zu kontrollieren und das fällige Bußgeld von mindestens 250 Euro einzutreiben – von einer eigentlich üblichen Überprüfung der hygienischen Zustände an Ständen, die Lebensmittel verkaufen, einmal ganz zu schweigen. Ob sich daran nun beim nächsten Hafengeburtstag etwas ändern wird, ließ das Bezirksamt offen. „Es ist geplant, Gespräche mit den Anliegern der Hafenstraße und den Unterstützern sowie der St.-Pauli-Kirche zu führen“, hieß es in der Antwort auf die Anfrage der CDU.

Die Union reagierte ungehalten und sprach von einer Mißachtung des Parlaments und davon, daß  die Stadt „vor der linksautonomen Szene kuscht“. Die CDU will nun durchsetzen, daß künftig alle Standbetreiber gleich behandelt werden und konsequent gegen ungenehmigte Verkaufsstände vorgegangen wird. „Es kann nicht sein, daß die Händler auf der einen Straßenseite hohe Gebühren zahlen und ins unternehmerische Risiko gehen, während auf der anderen unter Duldung der Stadt der Schwarzhandel blüht“, kritisierte der CDU-Bezirkspolitiker Rando Aust. Der nächste Hafengeburstag wird zeigen, ob die linksextremistische Szene weiterhin Narrenfreiheit hat oder sich deren Mitglieder wie alle anderen Bürger künftig an die Gesetze halten müssen.