© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

Rückkehr der FDP
Offen für alle Optionen
Wolf B. Kernig

Unter Liberalen wird schon jetzt die Frage diskutiert, ob man Angela Merkel zu einer schwarz-gelben Regierungsmehrheit verhelfen sollte. Mit Bitterkeit wird daran erinnert, wie die Kanzlerin die Westerwelle-FDP „am ausgestreckten Arm verhungern“ ließ. Es ist daher nicht nur Kraftmeierei, wenn sich Christian Lindner als Chef einer Prinzipienpartei gibt, die ihre Programmatik nicht für ein paar Ministerposten verkaufen werde. 

Aber was ist der Markenkern der FDP, der nicht verhandelbar ist? Die „Ehe für alle“, die Lindner zum „Knackpunkt“ erklärt hatte – und vielsagenderweise nicht Steuersenkungen –, wurde von Merkel bereits im liberalen Sinne abgeräumt. Und sonst? Auf stattlichen 148 Seiten listet die FDP ihr Wahlprogramm auf. Bildung ist ihr besonders wichtig, obwohl hier die Länder das Sagen haben. Und Digitalisierung natürlich, man will ja so hip sein. Das Thema Flüchtlinge, mit dem Lindner neuerdings von seinem Plakat-Image als Parfüm-Model wegkommen will, wird ab Seite 68 unter „Vernünftiges Einwanderungsrecht“ nur gestreift.

Kurzum: Auch die Lindner-FDP hält sich alle Optionen offen – selbst für eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen. Der Profilierung dient das nicht. Dafür bräuchte sie Mut zur Opposition. Merkel kuschelt ohnehin lieber mit den Genossen.