© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Erdogan mischt sich in Bundestagswahlkampf ein
Ethnisierung der Politik
Thorsten Hinz

Den Aufruf von Präsident Erdogan an seine wahlberechtigten Landsleute in Deutschland, die Union, SPD und Grüne bei den Bundestagswahlen zu boykottieren, haben Spitzenpolitiker als „Eingriff in die Souveränität unseres Landes“ bezeichnet. Es sind dieselben Politiker, die durch ihre Handlungen zu erkennen geben, daß ein nationales Eigeninteresse für sie nicht existiert. Der Einmischung Erdogans haben sie den Boden bereitet.

Die Intervention aus Ankara ist ein Zeichen für die schleichende Ethnisierung der deutschen Politik, die aus der voranschreitenden Umwandlung des Landes in einen Vielvölkerstaat folgt. Die Zahl nicht integrationsfähiger, vor allem muslimischer Einwanderer ist vielerorts schon so groß, daß ihre Formierung als politische Interesseneinheit Erfolg verspricht. 

In Duisburg, wo der Ausländeranteil bei 36 Prozent liegt, tritt der Vorsitzende einer Moscheegemeinde und Erdogan-Anhänger als Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters an. Seit 2016 existiert eine türkische Partei, die „Allianz Deutscher Demokraten“. Noch handelt es sich um ethnisch-religiöse Graswurzelbewegungen, aber die Äußerung aus dem Türkischen Bund: „In unseren Zukunftsvisionen für Deutschland hat die AfD keinen Platz“ zeigt deutlich, daß man künftige Machtperspektiven fest im Auge hat.