© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Knapp daneben
Weihnachtsmänner zeigen Flagge
Karl Heinzen

Was macht der Weihnachtsmann, wenn der Heilige Abend vorbei ist? Kinder hoffen, daß er sich gleich an die Arbeit macht, um die Geschenke für das nächste Jahr vorzubereiten. Ökonomen vertreten, wie es ihre Art ist, eine eher nüchterne Theorie. Sie nehmen an, daß sich der Rauschebart über das Jahr hinweg inkognito mit Gelegenheitsjobs durchschlägt oder vielleicht doch Kurzarbeitergeld bezieht. Aber dies alles sind bloß Vermutungen. Zum Berufsethos des Weihnachtsmanns gehört es schließlich, daß seine Geheimnisse nicht gelüftet werden. Einmal im Jahr jedoch, wenn die Halbzeit zwischen den Heiligen Tagen gerade überschritten ist, taucht er aus der Versenkung auf und dies nicht etwa, wie es die Legende vermuten ließe, als Unikat, sondern in verwirrender Vielzahl. Seit 1957 ist der Freizeitpark „Bakken“ im Norden der dänischen Hauptstadt Kopenhagen Versammlungsort des „World Santa Claus Congress“. 160 Weihnachtsmänner aus zwölf Nationen leisteten der Einladung in diesem Jahr Folge. 

Kinder verlieren den Glauben an den Rauschebart spätestens, wenn sie in die Schule kommen.

Wie bei berufsständischen Zusammenkünften üblich, diente die Konferenz den Veranstaltern zufolge natürlich auch dem professionellen Erfahrungsaustausch und dem Networking. Darüber hinaus galt es jedoch, in der Öffentlichkeit Flagge zu zeigen. Dies ist heute wahrscheinlich so dringend wie nie zuvor. Kinder, so weiß ein deutscher, sich als IT-Berater tarnender Weihnachtsmann zu berichten, verlieren nämlich den Glauben an ihn spätestens, wenn sie in die Schule kommen, weil sie dann im Wettbewerb stehen, wer der Coolste der Klasse ist. Eltern sind hier wohl nicht nur machtlos. Sie verfolgen auch ein Eigeninteresse, wollen sie sich doch das, was der Weihnachtsmann bringt, selbst anrechnen lassen. Immerhin könnte den Weihnachtsmännern jetzt zugute kommen, daß es ihnen, so erfolgreich sie sich auch in der Konkurrenz zum Christkind behaupten konnten, an biblischer Legitimation mangelt. Die Bestrebungen, christliche Symbole und Riten aus Rücksicht auf Gläubige anderer Religionen aus dem Alltag zurückzudrängen, könnten um sie als Verkörperung eines nicht polarisierenden Brauchtums einen Bogen machen.