© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

AfD, du Opfer!
„Aufstehen gegen Rassismus“: Verfassungsschutzbehörden erwähnen das Bündnis / Politiker von SPD und Grünen machen trotzdem mit
Felix Krautkrämer

Beim Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ ist man entrüstet. Grund der Empörung: Die Landesämter für Verfassungsschutz von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein führen das Bündnis in ihren Jahresberichten im Kapitel Linksextremismus auf.

Und das, obwohl die Kampagne prominente Unterstützer wie die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie die SPD-Politiker Manuela Schwesig, Katarina Barley und Ralf Stegner hat. Doch auch gewaltbereite linksextreme Gruppen wie die Interventionistische Linke (IL) gehören zu dem Bündnis, was zu der Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten führte.

Die Interventionistische Linke ist für die G20-Randale in Hamburg mitverantwortlich. Der Verfassungsschutz stuft die Organisation als „gewaltorientiert“ ein, und warnt, die IL strebe den „revolutionären Bruch mit der Macht des bürgerlichen Staates“ an. Für Anfang September plant „Aufstehen gegen Rassismus“ eine Demonstration unter dem Motto „Zeit für einen Aufschrei“. Enden soll die Demo vor dem linksextremen Szene-Treff „Rote Flora“ im Schanzenviertel mit einem Anti-AfD-Konzert.

Mittlerweile ist der Kampf gegen die Partei einer der Schwerpunkte des Bündnisses. Damit dieser auch möglichst wirkungsvoll verläuft, hat die Kampagne nun eine „Aktionsanleitung“ mit dem Titel „So stoppen wir die AfD“ veröffentlicht. Ausgerufenes Ziel: „Bundestag Nazifrei“. In der 40seitigen Broschüre bietet man verschiedene „Aktionsideen“ zur Bekämpfung der AfD sowie zur Verhinderung ihres Wahlkampfs. Ein bißchen Druck hier, eine kleine Einschüchterung dort. Eine Drohung zu passender Zeit, ergänzt um vermeintlich gutgemeinte Warnungen. Wer dann nicht hören will, bekommt die Konsequenzen zu spüren: Boykottaufrufe, Blockaden, Demonstrationen, Störaktionen. Sollte die AfD eine Veranstaltung planen, sei es sinnvoll, den Besitzer des Veranstaltungsorts davon zu überzeugen, der Partei die Räumlichkeiten zu kündigen – eine „Zusammenarbeit mit der lokalen Antifa“ sei hierbei oft „lohnenswert“. Es könne zudem wirkungsvoll sein, gegenüber dem Verpächter anzukündigen, daß man sich verpflichtet sehe, „Protest zu organisieren“, wenn die AfD ihre Veranstaltung abhalten dürfe. Man solle dem Gastwirt zwar klarmachen, daß nicht er, sondern die AfD das primäre Ziel der Kampagne sei, jedoch: „Wer sich in dieser Situation aber schützend vor die AfD stellt, muß Kritik und Protest ertragen.“ Der Druck könne noch erhöht werden, indem man öffentlich skandalisiere, daß die AfD eine Bühne erhalte. Das sei insbesondere über Leserbriefe und Kontakte zu Lokalzeitungen sowie über die sozialen Netzwerke möglich.

Kommt es dennoch zu Veranstaltungen, sollen diese gestört werden. „Vielleicht schafft Ihr es, Euch mit ein paar oder sogar richtig vielen Leuten in die Veranstaltung hineinzuschummeln. Drinnen könnt Ihr z.B. mit Zwischenrufen, Sprechchören, einer versteckten Bluetooth-Box, Trillerpfeifen oder auch Taschen-Alarmen an Helium-Ballons Lärm machen und damit für Ablenkung sorgen oder sogar die Veranstaltung komplett verhindern“, heißt es in der Aktionsanleitung ganz unverblümt.

Gestört werden sollen auch Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, zu denen Vertreter der AfD eingeladen werden. Auch hier müsse man aber zuerst versuchen, den Veranstalter davon zu überzeugen, den Teilnehmer der AfD wieder auszuladen. Funktioniert das nicht, könne man die Veranstaltung blockieren. Funktioniert auch das nicht, „lohnt es sich vielleicht, auf humorvolle oder solidarische Art zu stören“. Und zwar wie folgt: „Vielleicht ertönt immer dann, wenn die Person von der AfD sprechen will, eine Lärmstörung oder eine Musik, die ihn oder sie verunsichert, veralbert oder enttarnt.“

Wenn es nach dem Bündnis geht, darf für die AfD kein ungestörter Wahlkampf möglich sein. Zwar ist das ein grundgesetzlich geschütztes Recht, aber: „Eine undemokratische Partei kann auch nicht ihre vermeintlichen demokratischen Rechte einfordern, ohne Widerspruch zu akzeptieren.“

Bedenken, daß der AfD so eine Opferrolle zukomme, zerstreuen die Verfasser mit einer simplen Logik. Zum einen werde es in diesem Konflikt ohnehin Opfer geben. Und hier sei nur eines entscheidend: „Entweder die AfD ist Opfer oder wir.“ Zum anderen könne man „stolz darauf sein, daß Rassist*innen und Nazis in diesem Land ‘Opfer’ von friedlichen Protesten, Blockaden und zivilem Ungehorsam werden“. 

Kein Wunder, daß der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein das Bündnis  im Kapitel Linksextremismus in der Unterrubrik „Anti-AfD-Agitation“ auflistet.

Foto: Beschmiertes Wahlplakat der AfD; Bündnis-Logo (u.): „Auf humorvolle und solidarische Art stören“