© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Wahlkampfrhetorik zur Abschiebepraxis
Es riecht nach Wählerbetrug
Ronald Bertold

Was die Politik jahrelang versäumt, ja sogar verdammt hat, bekommt plötzlich Hochkonjunktur. Forderungen nach kontrollierter Einreise und konsequenter Abschiebepolitik dominieren den Wahlkampf. Dabei hat es seit Sommer 2015 keine Bundestagspartei gestört, daß Hunderttausende unkontrolliert und ohne Paß nach Deutschland einreisen konnten. Im Gegenteil: Wer diese Praxis kritisierte, erhielt schnell in den Medien und von etablierten Politikern den Stempel „ausländerfeindlich“ und „islamophob“ aufgedrückt.

Auf einmal ist nun von „Abschiebezentren“ die Rede, und CDU-Politiker wollen nur noch Einwanderer ins Land lassen, die Ausweispapiere bei sich führen. Das sind Positionen, für die die Regierungs- und Oppositionsparteien seit Beginn der Asylkrise in üblicher Einigkeit der AfD ein mit dem Grundgesetz konformes Menschenbild abgesprochen haben. Abschiebezentren wurden gar als „Konzentrationslager“ verunglimpft. Da wußte der Bürger gleich, in welch übler Tradition sich solche Forderungen befinden.

Jetzt also die Kehrtwende. Doch ist sie auch glaubwürdig? Mehr als populistische Rhetorik, um konservative Stimmen in linke Politik umzuwandeln, können Realisten dahinter kaum erkennen. Denn die Bundestagsparteien machen Wahlkampf gegen ihre eigene Flüchtlingspolitik. Das riecht nach Wählerbetrug.