© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/17 / 28. Juli / 04. August 2017

Überschaubare Zahl Geflüchteter mit Teilhabeansprüchen
Imperiale Lebensweise
(wm)

Als der Ost-West-Konflikt 1989 endete, prophezeiten einige Auguren die Universalisierung des westlichen Gesellschaftsmodells und das „Ende der Geschichte“. Andere sahen realistischer den „Kampf der Kulturen“ voraus. Wieder andere wie 1994 der US-Publizist Robert D. Kaplan, entwarfen das treffsichere Globalisierungsszenario eines eskalierenden Nord-Süd-Konflikts, der die übersichtliche nationalstaatliche Weltordnung aufsprengen würde. Der Wettlauf um Rohstoffe, Umweltzerstörung, Bevölkerungsexplosion und Massenmigration wären dabei die Treiber hin zur globalisierten Anarchie. Die von Kaplan „imaginierte Bedrohung nationalstaatlicher Ordnung“ werde im Zeichen von Flüchtlingskrise und Klimawandel zwar Realität, räumen die Politologen Markus Wissen (Berlin) und Ulrich Brand (Wien) ein. Aber das sei für die Europäer kein Grund, gegen die „überschaubare Zahl von Geflüchteten“ zur „Verteidigung zivilisatorischer Errungenschaften“ aufzurufen (Blätter für deutsche und internationale Politik, 5-2017). So habe Kaplan den „globalen Kontext“ als Voraussetzung gesellschaftlicher Stabilität im globalen Norden unterschlagen. Europas Wohlstand und „imperiale Lebensweise“ beruhe nämlich auf der Ausbeutung jener, die nun „Teilhabeansprüche“ anmelden und unsere „Produktions- und Konsumnormen“ zu Recht zur Disposition stellen. 


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