© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/17 / 28. Juli / 04. August 2017

Überfremdung durch zuviel Fremdenverkehr
Obergrenze für Touristen
Thomas Fasbender

Die Forderung nach Obergrenzen für Einwanderer ist nicht die einzige Konsequenz aus der Massenmobilität. Es geht auch nicht nur um Immigranten aus den Armuts- und Bürgerkriegsregionen südlich des Mittelmeeres. In Venedig und Amsterdam, Santorini und Barcelona sind es die Touristen, deren Ansturm bei allen, die das ganze Jahr über dort leben, den Wunsch nach Mauern und Abschottung wach werden läßt. Barcelona (1,6 Millionen Einwohner) erträgt inzwischen über 32 Millionen Besucher im Jahr, viele davon junge Männer aus dem Norden, die nur ein Ziel haben: sich ein paar Tage lang hemmungslos zu besaufen. In der Altstadt von Venedig leben 55.000 Menschen – plus 60.000 Touristen im Jahresdurchschnitt an jedem einzelnen Tag. Vielerorts hängen Schilder des Inhalts „Touristen verschwindet! Ihr zerstört diesen Ort.“

Der Marketingchef von Amsterdam, Frans van der Avert, beklagt die günstigen Flugtickets: „Billigflieger sind ein Problem. Ryanair-Passagiere sind die lautesten.“ Auch die Kreuzfahrtschiffe lassen den Touristenstrom anschwellen. Für Mallorca und die übrigen Balearen-Inseln stellte die Regionalregierung kürzlich eine Touristenbegrenzung in Aussicht. Die gleiche Forderung macht auf den Kanaren und sogar in Madrid die Runde. Barcelona hat bereits ein einjähriges Moratorium für die Neuzulassung von Touristen-Unterkünften erlassen.  Die Zentralregierung ist nicht eben angetan. Ministerpräsident Mariano Rajoy mahnte zu „extremer Vorsicht“, wenn es um den Tourismus gehe. Kein Wunder: Spanien leidet unter einer Arbeitslosigkeit von 23 Prozent; 11 Prozent der Wirtschaftsleistung verdankt sich dem Fremdenverkehr. Auf den Kanaren ist es fast ein Drittel. Der dortige Regierungschef definierte auch das neue Ziel: eine Touristen-Obergrenze und vor allem Besucher, die „die Umwelt respektieren“ und „auch Geld hierlassen“. Letzteres läßt sich von Einwanderern, die im Gegensatz zu Touristen nicht wieder gehen, nun gerade nicht behaupten.