© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/17 / 21. Juli 2017

Umwelt
Science-fiction
Volker Kempf

Der Neurologe, Umweltschützer und große Welterklärer Hoimar von Ditfurth schrieb in seinem Buch „Kinder des Weltalls“: „Am Anfang war der Wasserstoff. Sonst gab es nichts“. Das war 1970. Seither hat sich das naturwissenschaftliche Wissen potenziert, doch die Frage, was war aber vorher, ist noch immer nicht erschöpfend beantwortet. Vor diesem Anfang muß es Antimaterie gegeben haben, meinen Teilchenphysiker. Ihrer Theorie nach muß ein Ungleichgewicht von Wasserstoff und Antiwasserstoff bestanden haben, andernfalls hätten sich beide neutralisiert. Dann gäbe es keine Galaxien, kein Leben, nichts. Nachdem 2010 an der Kernforschungseinrichtung Cern in der Schweiz ein Antiwasserstoffatom nachgewiesen wurde, arbeiten dort Teilchenphysiker daran, die Frage der Asymmetrie von Materie und Antimaterie zu beantworten.

Gibt es tatsächlich zwei Universen, eines aus Materie und eines aus Antimaterie?

Ein neu konstruiertes Instrument zur Messung des Antiwasserstoffs steht bereit. Nötig sind schwierig herzustellende Atome, dafür wiederum bedarf es eines stärkeren Teilchenstrahls. Ab Mitte August soll es soweit sein. Die Antwort kann positiv ausfallen. Wenn es die besagte Asymmetrie aber nicht gibt, ist eine neue Theorie nötig. Diese liegt schon in den Schubladen der Astrophysiker um Sean Michael Carroll (California Institute of Technology) bereit. Demnach müßte es zwei Universen geben, eine aus Materie, eine aus Antimaterie. Das wäre dann ein Spiegeluniversum, in dem die Zeit andersherum liefe. Vielleicht gibt es uns alle noch einmal, nur als Antimaterie. Man darf gespannt sein, was die Physiker für Antworten liefern. Theoretisch ist vieles möglich. Leider kann der 1989 verstorbene Hoimar von Ditfurth dies nicht mehr anschaulich erklären. Aber die Science-fiction-Literatur bietet sich in den Sommerferien auch an, um aus der dreidimensionalen Beschränktheit einmal auszubrechen und andere Universen zu entdecken.