© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/17 / 21. Juli 2017

Frisch gepresst

Weltgeschichte. „Meisterhaft“, so verspricht die Verlagswerbung, schildere der Heidelberger Zeithistoriker Edgar Wolfrum das 20. als das „außergewöhnlichste Jahrhundert der Weltgeschichte“. Damit lege er eine „neue Interpretation des ganzen Zeitalters unter länder-übergreifender Perspektive“ vor. Was hier schon arg pleonastisch tönt, weckt schlimmste Befürchtungen, die vor allem im vierten, die „Ökonomie als Schicksal“ behandelnden Kapitel ihre volle Bestätigung finden. Nicht einmal ansatzweise versucht Wolfrum die stets nur matt beschriebenen, nie analysierten Phänomene wie Globalisierung, Überbevölkerung, Nord-Süd-Gefälle oder Umweltzerstörung theoretisch zu synthetisieren. Zur „weltweiten Vernetzung“ fällt ihm daher nur ein, daß sie „freilich auch Schattenseiten aufweist“. Dies ist sogar in diesem trägen Strom der Geschwätzigkeit eine noch relativ konkrete Aussage. Denn ansonsten gilt: „die Zukunft ist offen“. Wer eine tiefenscharfe, universalhistorische Orientierung über das 20. und beginnende 21. Jahrhundert wünscht, halte sein Geld zurück und warte auf die für diesen Bücherherbst angekündigte Neuauflage von Rolf Peter Sieferles „Epochenwechsel“ von 1993. (wm)

Edgar Wolfrum: Welt im Zwiespalt. Eine andere Geschichte des 20. Jahrhunderts. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2017, gebunden, 447 Seiten, 25 Euro





Kulturgeschichte Polens. Im 13. Jahrhundert seien „Deutschordensritter“ zur „gewaltsamen Christianisierung lokaler Stämme“ – nein, nicht im Preußenland! – „in Pommern angesiedelt“ worden, behauptet Christoph Augustynowicz in seiner 1.000 Jahre im Sauseschritt durcheilenden „Kleinen Kulturgeschichte Polens“. Fairerweise muß man einräumen, daß dem Wiener Osteuropa-Historiker vergleichbar grobe Schnitzer eher selten unterlaufen. Um so häufiger führt er den Leser durch Weglassen in die Irre. Dies geschieht in erster Linie dadurch, daß die mit Behagen ausgemalte „multiethnische Kultur“ und „ethnoreligiöse Heterogenität“ Polens bei ihm zwar jüdisch, litauisch, italienisch, niederländisch und sogar tatarisch-moslemisch, aber, allen historischen Zeugnissen ins Gesicht schlagend, kaum in Spurenelementen deutsch geprägt worden sei. Das ist mindestens so unbefriedigend wie seine Isolierung der Kultur- von der politischen Geschichte, die ihm nur wenige Zeilen wert ist. (ob)

Christoph Augustynowicz: Kleine Kulturgeschichte Polens. Vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert. Promedia Verlag, Wien 2017, broschiert, 223 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro