© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

„Die Meinungsvielfalt wird leiden“
Facebook: Das soziale Netzwerk löscht eine JF-Karikatur und sperrt Chefredakteur Dieter Stein für drei Tage
Lukas Steinwandter / Felix Krautkrämer

Zwei Klicks. Foto auswählen und veröffentlichen. Kurze Zeit später dann die Benachrichtigung von Facebook: „Du bist vorübergehend für das Posten gesperrt.“ Das soeben hochgeladene Bild ist gelöscht. Die Karikatur, die JUNGE FREIHEIT-Chefredakteur Dieter Stein auf der Kampagnenseite „Gender mich nicht!“ hochlud, zeigt ein schwules Paar vor dem Standesamt, das gerade heiraten will. Dahinter stehen unter anderem ein Junge, der seinen Teddybär heiraten möchte, eine Rentnerin mit ihrem Kanarienvogel und ein Moslem, der seine vier Frauen für die Eheschließung anmelden will. In der Bildunterschrift heißt es: „Wenn schon, denn schon ...“ (liegt der aktuellen JF-Ausgabe bei).

Am vergangenen Freitag war das Facebook-Konto von Stein wieder freigegeben. Die Warnung allerdings bleibt: „Bitte beachte, daß das wiederholte Posten von Inhalten, die auf Facebook nicht erlaubt sind, dazu führen kann, daß das entsprechende Konto dauerhaft gesperrt wird.“ Stein zeigt sich empört. „Daß eine so harmlose Karikatur auf Facebook nicht veröffentlicht werden darf, zeigt, wie unerwünscht Kritik an der sogenannten Ehe für alle ist. Offenbar darf man diese gesellschaftspolitische Entscheidung ausschließlich gut finden.“

Zudem wies er auf den Zeitpunkt hin, an dem die Karikatur veröffentlichte, nämlich vor dem Bundestagsbeschluß des von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorangetriebenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das soziale Netzwerke zu einer rigorosen Löschpolitik verpflichtet. „Man darf gespannt sein, ob Facebook nun durch das Maas-Gesetz die Daumenschrauben noch fester anziehen wird. Die Meinungsvielfalt auf Facebook wird darunter jedenfalls leiden.“ 

Auch der auf Medienrecht spezialisierte Anwalt und Publizist Joachim Steinhöfel reagiert mit Unverständnis auf die Löschaktion des Internetkonzerns. „Der Cartoon ist weder rechtswidrig noch ist auch nur ansatzweise erkennbar, daß er die sogenannten Facebook-Gemeinschaftsstandards oder die Facebook-Grundsätze, die das Rechtsverhältnis zwischen Facebook und dem Nutzer regeln, in irgendeiner Weise hätte verletzen können“, sagte Steinhöfel. Er hat in der Vergangenheit erfolgreich Nutzer gegenüber Facebook vertreten. Das Löschen und Sperren durch das soziale Netzwerk sei „eindeutig rechtswidrig“.

Facebook hat die Karikatur indes nicht ohne äußeres Zutun gelöscht. Jemand hat sie gemeldet. Wer das war, erfährt Stein nicht. Auf der JF-Facebook-Seite sowie auf Tausenden privaten Profilen kann die Zeichnung jedoch weiterhin begutachtet und verbreitet werden – zumindest jetzt noch.