© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Auch die Kleinen mischen mit
Thorsten Brückner

Alle vier Jahre, etwa zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl haben sie ihren großen Auftritt: die Klein- und Kleinstparteien. All diejenigen, die in keinem Landesparlament oder im Bundestag vertreten sind. Sie müssen sich vom Bundeswahlausschuß ihren Status als Partei bestätigen lassen und formale Voraussetzungen erfüllen, um zur Bundestagswahl am 24. September mit einer oder mehreren Landeslisten antreten zu dürfen. 63 Vereinigungen hatten in diesem Jahr ihre Beteiligung angezeigt.  Zur Bundestagswahl 2013 waren es 58, vier Jahre zuvor 49. Die Anerkennung durch den Ausschuß ist dabei aber nur die erste Hürde. In jedem Bundesland, in dem die Parteien mit einer Liste antreten wollen, müssen sie darüber hinaus eine ausreichend große Zahl an Unterstützungsunterschriften sammeln.

 Neben Parteien, die bereits bei zahlreichen Wahlen angetreten sind und deren Parteienstatus niemand ernsthaft in Frage stellen würde – wie der Bayernpartei, der ÖDP oder der Piratenpartei – mischen sich auch allerlei skurrile Gruppierungen unter die Antrittswilligen. Bei den wenigsten ihrer Vertreter handelt es sich um Profis. Die zehn Mitglieder des Ausschusses unter Leitung des Bundeswahlleiters Dieter Sarreither  wissen das und urteilten mit entsprechendem Fingerspitzengefühl. Doch das hatte seine Grenzen. Die Partei „Sustainable Union – Nachhaltigkeitspartei“ etwa hatte ihre Beteiligungsanzeige zu spät eingereicht. „Formfehler können geheilt werden“, entgegegnete die Vertreterin der Partei den sichtlich verdutzten Ausschußmitgliedern. Nein, können sie nicht! 

Auch für andere Vereinigungen wie die „Freie Heldenpartei Germany“, die „WasserPartei Deutschland“ oder die „1. Union der Menschlichkeit“ war die Sitzung das Ende ihrer Antrittsbemühungen. Keine der abgelehnten Parteien machte von ihrem Recht Gebrauch, Einspruch beim Bundesverfassungsgericht einzulegen.Wenig Kenntnis der Zulassungsregeln bewiesen die Freien Wähler. Seit nunmehr fast neun Jahren sind sie im Bayerischen Landtag vertreten, wodurch sie automatisch für die Teilnahme qualifiziert sind und auch keine Unterstützungsunterschriften mehr zu sammeln brauchen. Dennoch schickten sie dem Bundeswahlleiter eine Beteiligungsanzeige. Ihre beiden Vertreter saßen in der Sitzung wie bestellt und nicht abgeholt. Einen für ihre Verhältnisse fast schon biederen Auftritt hatte die Satirepartei „Die Partei“. Als Belege für erfolgte Öffentlichkeitsarbeit präsentierte deren Vertreter zwei Aufkleber auf seinem Laptop. Auf dem einen stand: „FCK AFD“, auf dem anderen „Inhalte überwinden“. Früher war das mal lustig.

 Zu den acht in Bundestag und Landtagen vertretenen Parteien wurden 40 Listen zugelassen. Darunter auch rechts- und linksradikale Gruppierungen wie die NPD oder die MLPD. Bis zum 17. Juli haben sie nun Zeit, die in den jeweiligen Ländern erforderlichen Unterschriften zu sammeln und sie dem Landeswahlleiter vorzulegen. Gleiches gilt für die Kreiswahlvorschläge. Der große Tag ist dann am 28. Juli, wenn die Kreis- und Landeswahlausschüsse über die Zulassung der Wahlvorschläge entscheiden.