© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

Gerd Pieper. Der Unternehmer ist enttäuscht von der deutschen Politik
Der Zorn des Hilflosen
Thomas Fasbender

Gerd Pieper ist vom Schicksal geschlagen. Aus einem schlichten Grund: Die meisten der rund 150 Filialen des Kölner Parfümerie-Unternehmers liegen in Nordrhein-Westfalen, dem nach rot-grünen Maßstäben „fortschrittlichsten“ Bundesland. Fortschrittlich, weil vor allem Kleintäter dort mit einem Maß an juristischer Empathie rechnen dürfen, das seinesgleichen sucht.

Daß die Kleinkriminalität seit 2015 massiv zulegt, kann selbst die linke taz nicht mehr verleugnen. Der 1943 in Wanne-Eickel im Ruhrgebiet geborene Pieper spricht von „mehr als einer Million Euro Schaden“ durch Ladendiebstähle im Jahr – allein in seinen Parfümerien. Und längst sei es üblich, daß ertappte Gauner seine Mitarbeiterinnen – zu 99 Prozent arbeiten dort Frauen – massiv bedrohten: „Wir schlagen euch zusammen, wenn ihr nach Hause kommt!“ Manche der ertappten Diebe würden noch im Laden handgreiflich.

Nun wird Gewalt gegen Frauen von den Blockwarten der Politischen Korrektheit aufs schärfste geahndet – wenn sie von alten weißen deutschen Männern ausgeht. Ein beliebtes Feindbild. Sind hingegen Nafris oder Zigeuner – Verzeihung: „Rumänen“ – der Tat verdächtig, ergehen die „fortschrittlichen“ Juristen (und ihre journalistischen Hintermänner) sich in hochsensiblem Nichtstun. Unternehmer Pieper hält dagegen. Es müsse doch erlaubt sein, „Fakten zu nennen, um in der Analyse der Probleme weiterzukommen“. 

Pieper, bei dem nach eigener Aussage dreihundertmal am Tag geklaut wird, prangert vor allem die um sich greifende Bandenkriminalität an. Und die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft: „In den Köpfen der Täter darf nicht hängenbleiben, daß kaum mit Konsequenzen zu rechnen ist.“ Doch das ist längst geschehen, jedenfalls in NRW. Die Chance, dort Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden, ist fünfmal so hoch wie in Bayern. Und das nicht, weil bei den Bayern nichts zu holen wäre. Oder weil die bayerischen Polizisten besser oder wachsamer sind als ihre Kollegen in NRW. Von wegen. Gerd Pieper legt den Finger in die Wunde. Die Polizei sei „in der Regel kooperativ, aber zugleich ebenso unzufrieden, daß so viele Verfahren von den Staatsanwaltschaften eingestellt werden“.

Nicht nur in NRW führt die Spur zu einer tatenlosen Justiz. Der Staat versagt, und das wiegt mehr als Millionen Euro. Noch hilft Pieper sich, indem er schulen läßt und Sicherheitsbeauftragte einstellt. Doch was bringt das, „wenn am Ende auch die Mitarbeiter bei Dieben weggucken, weil sie registrieren, daß keine strafrechtlichen Konsequenzen folgen?“ Das aber wird die Folge sein, genauso wie die Selbstjustiz der Bürgerwehren. Auch dieser deutsche Staat hat seine Schreibtischtäter, die den Untergang nach Kräften befördern. Man kann Pieper nur beipflichten: „So geht das nicht weiter!“