© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/17 / 07. Juli 2017

Deutsche Akademiker zieht es nicht nach Indien
Innovationskraft verkannt
(wm)

Bisher entscheiden sich deutsche Nachwuchswissenschaftler nur selten für einen Aufenthalt im Schwellenland Indien. Weil, „eurozentrisch“ gehemmt, den wenigsten der Subkontinent als berufliche Zukunftsperspektive erscheint, klagt die Ethnologin Karin Klenke vom Göttinger Center for Modern Indian Studies. Nur 202 deutsche Wissenschaftler zog es 2014 dorthin, während im gleichen Jahr 1.922 indische Dozenten hierzulande tätig waren (Deutsche Universitäts-Zeitung, 5/2017). Ähnliche Ungleichgewichte weisen die Studentenzahlen auf: 11.600 Indern in deutschen Hörsälen steht eine „unbekannte“, vermutlich nur dreistellige Zahl deutscher Studenten in Indien gegenüber. Für die stets auf ökonomische Verwertbarkeit wissenschaftlicher Produktion bedachte Bertelsmann Stiftung zeugen solche Relationen von deutscher Ignoranz. Indien sei eine Wirtschaftsmacht, die in der Informationstechnik und Biotechnologie Produkte für „aufstrebende Märkte“ entwickle. Diese Innovationskraft hätten, anders als US-Firmen und Wissenschaftler, deutsche Unternehmen und Hochschulen bisher verkannt. Aber ihnen tue sich eine zweite Chance auf, da die indische Regierung unter dem Druck explodierender Bevölkerungs- und Studentenzahlen gerade die Internationalisierung ihres Hochschulsystems vorantreibe und um ausländische Akademiker werbe. 


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