© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/17 / 07. Juli 2017

Das Leben einfach nehmen, wie es ist
Optimismus contra Pessimismus: Gelehrte streiten darüber, wie man in der Welt am besten vorankommt
Richard Stoltz

Ein Streit um des Kaisers Bart, aber erbittert geführt: Zwei prominente Gelehrte aus der angelsächsischen Welt, der Neurologe Steven R. Quartz von der University of California in San Diego und der Schriftsteller und Übersetzer Timothy Parks aus Manchester, veranstalten einen wilden geistigen Boxkampf gegeneinander in internationalen Zeitungen über die Frage, was nun besser im Leben ist, Optimist oder Pessimist zu sein. Beide wollen unbedingt gewinnen, aber keiner kann wirklich gewinnen.

„Die Welt wird immer besser“, polterte kürzlich Steven R. Quartz in der Neuen Zürcher Zeitung, da könne man ja nur Optimist sein, ja müsse Optimist sein und eifrig am allgemeinen Glück mitbauen. Tim Parks aber hielt im Blog der New York Review of Books dagegen. Nur Pessimismus mache wirklich glücklich, er stärke die Widerstandskraft in Unglücken und erfreue trotzdem, gleichsam negativ, wenn es einmal gutgegangen ist.

Neurowissenschaftler und Psychologen, sagen Umfragen, neigen eher zu einer optimistischen Lebenseinstellung. Optimismus, so urteilen sie, wirke sich positiv auf den Charakter aus, mache die Menschen freundlicher. Und bei bösen Schicksalsschlägen fänden sie immer noch Trost und Gefaßtheit im Gedanken an die göttliche Gnade.

Philosophen und Historiker hingegen neigen in der Mehrheit zum Pessimismus. Sie verweisen auf das wirkliche Leben, das – aller literarischen Schönfärberei zum Trotz – ein ewiges Fressen und Gefressenwerden sei, ein gnadenloser Kampf aller gegen alle – und am Ende drohe der kosmische Kältetod. 

Es gibt aber noch eine dritte Einstellung, und die ist – laut Umfragen – die weitaus dominierende, der auch die Mehrheit der gegenwärtigen deutschen Zeitgenossen angehört. Die Frage „Optimist oder Pessimist?“ wird von ihnen einfach ignoriert. Wichtig ist ihnen statt dessen, das Leben zu nehmen, wie es kommt, tapfer sein Fähnlein flattern zu lassen und vor den anderen, vor Gott und vor sich selbst eine halbwegs gute Figur zu machen. Den Herren Quartz und Parks dürfte so etwas wohl weniger gefallen.