© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/17 / 07. Juli 2017

Ein Ende der Korruption ist nicht abzusehen
Fifa: Trotz erheblicher Vorwürfe gegen die Fußball-WM-Ausrichter Rußland und Katar läßt sich der Weltfußball-Verband nicht aus der Ruhe bringen
Christian Schreiber

Zu Wochenbeginn präsentierte sich Gianni Infantino bester Laune. Seit zwei Jahren steht der 47jährige an der Spitze des Fußball-Weltverbands Fifa, und in dieser Funktion hatte er gerade mit dem Confed-Cup in Rußland sein erstes Turnier hinter sich gebracht. „Herausragend“ sei dieses gewesen, sagte der Schweizer und versicherte, Rußland sei  ein guter Gastgeber gewesen und werde dies auch beim nächsten Mal sein. Im kommenden Sommer findet dort die Weltmeisterschaft statt, und es steht außer der Frage, daß die russische Politik nichts anderes als den Titel erwartet. Offenbar ist dafür jedes Mittel recht. 

Die englische Mail on Sunday hatte in der vergangenen Woche berichtet, daß sämtliche Spieler des russischen WM-Kaders von 2014 möglicherweise gedopt gewesen seien und es 155 verdächtige Proben gebe, die noch gar nicht untersucht worden seien. 

Richard McLaren, Sonderermittler der Welt-Antidopingagentur (WADA), hatte von einem möglichen „Vertuschungssystem“ und „organisiertem und zielgerichtetem Doping“ berichtet. Für Fifa-Boß Infantino sind dies alles „vage Verdachtsmomente“, denen man nachgehen werde. Es fehle aber an entsprechenden Beweisen. An denen fehlt es offenbar auch, wenn es um die umstrittenen WM-Vergaben an Rußland (2018) und Katar vier Jahre später geht. Die Bild veröffentlichte Teile jenes Prüfberichts zur WM-Doppelvergabe von Fifa-Chefermittler Michael Garcia, der nach Anweisung des damaligen Präsidenten Joseph Blatter seit knapp drei Jahren nicht veröffentlicht werden konnte. Garcia hatte als Vorsitzender der Fifa-Ethikkommission Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe der WM an beide Länder klären sollen.

Dabei ist herausgekommen, daß zwei Millionen Dollar auf das Konto der zehnjährigen Tochter eines Fifa-Funktionärs geflossen seien. Zudem sollen drei Mitglieder des Exekutivkomitees vor der Abstimmung im Privatjet des katarischen Fußballverbandes zu einer Party nach Rio de Janeiro geflogen worden sein – Luxus-Hotel und Nobel-Golfclub inklusive.

Nachdem die damalige Fifa-Führung entschieden hatte, den Bericht zurückzuhalten, trat Garcia zurück. Blatter-Nachfolger Infantino hält das Ganze für „unspektakulär“ und „reine Spekulationen“. 

Auch um die Vergabe der WM an Deutschland 2006 gibt es bis heute Spekulationen, daß der Zuschlag nicht ohne Gegenleistung erfolgt sei. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der frühere Funktionär Jack Warner (Trinidad und Tobago), der über Umwege Geld von Konten des Deutschen Fußball-Bundes bekommen haben soll. Warner selbst meldete sich nach den jüngsten Enthüllungen ebenfalls zu Wort und erklärte, er glaube auch weiterhin nicht an ein Ende der Korruption beim Weltverband Fifa. „Was ich laut des Reports als Gegenleistung verlangt habe, war mit Blick auf die WM-Bewerber nichts Ungewöhnliches für die Fifa in den vergangenen 100 Jahren“, ließ Warner die Times wissen: „Diese selbsternannten Aufräumer im heutigen Weltfußball werden beim nächsten Mal dasselbe verlangen – und noch viel mehr“, so Warner weiter.

Die Reaktionen der angegriffenen WM-Ausrichter fiel erwartungsgemäß aus. „Der Report ist vielmehr ein Beleg für die Integrität der Bewerbung. Wir werden alle Standards erfüllen und 2022 ein guter Gastgeber sein“, teilte die Regierung in Doha mit. Und Rußland jubelte über die Fifa-Entscheidung, die WM ausrichten zu dürfen. Parallel stellte die russische Zeitschrift Expert die Frage, warum der Westen Wladimir Putin vorwerfe, Fifa-Funktionäre bei Treffen unter Druck gesetzt zu haben, Ex-US-Präsident Bill Clinton, der 2010 auf Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees eingeredet habe, damit sie für die USA als WM-Ausrichter 2022 votierten, jedoch nicht behellige.