© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/17 / 23. Juni 2017

Blick in die Medien
Freundliches Abschiedsgeschenk
Gil Barkei

Daß Journalisten sich nicht so mucksmäuschenstill aussortieren lassen wie alte Büromöbel, diese Erfahrung dürfte derzeit die Berliner Zeitung machen. Aufgrund des dramatischen Auflagenrückgangs muß das Blatt mit dem Berliner Kurier fusionieren und sich neu ausrichten (JF 45/16). Seit einigen Monaten läuft der von oben verordnete Zusammenzug der beiden DuMont-Titel vom alten Standort am Alexanderplatz in die neue kleinere Residenz in Kreuzberg. 50 Kollegen fallen dem Sparkurs zum Opfer und werden, wie der Volksmund so schön sagt, „gegangen“.

Bleibt die Frage, ob bei einem solch schiefen Haussegen der Neustart gelingt.

Die Stimmung zwischen den Umzugskartons in den alten und neuen Räumen scheint dementsprechend angespannt zu sein. Einer der zum höheren ökonomischen Wohl wegrationalisierten Mitarbeiter hinterließ seinem ehemaligen Arbeitgeber nun ein ganz besonderes „Abschiedsgeschenk“.

Auf die Versendung einer Pressemitteilungs-Mail bekam die JF die vielsagende etwas andere Abwesenheitsnotiz zurück: „Vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Redaktion der Berliner Zeitung existiert nicht mehr“, schreibt darin  Christian Siepmann sarkastisch und holt zum Seitenhieb aus. „Die Zeitung wird nun in einem Newsroom produziert, in dem viel weniger Redakteure als zuvor zusätzlich noch den Boulevardtitel Berliner Kurier erstellen.“ Fragen zu „diesem innovativen und sehr erfolgversprechenden Konzept“ sollten Interessenten am besten gleich an den Chefredakteur der DuMont-Redaktionsgemeinschaft, Jochen Arntz, richten, „unter dem viele hervorragende Journalistinnen und Journalisten arbeiten müssen“.

Siepmann bringt damit nicht nur seinen Unmut deutlich zum Ausdruck, sondern liefert zugleich ein kritisches Bild aktueller Zentralisierungstendenzen im deutschen Zeitungsjournalismus. Bleibt die Frage, ob bei einem solch schiefen Haussegen der Neustart gelingt.